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Klaus K. nach dem Urteilsspruch: Der Hamburger muss eine Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro zahlen.

NS-Verbrechen
verharmlost

Collegium-Humanum-Autor verurteilt

Kreis Herford (man). »Stimme des Gewissens« heißt die Zeitschrift der rechtsradikalen Vereinigung »Collegium Humanum« mit Sitz in Vlotho. Wegen Volksverhetzung ist der Verfasser eines darin erschienenen Artikels gestern im Bad Oeynhausener Amtsgericht zu einer Geldstrafe von 3600 Euro verurteilt worden. Der Angeklagte indes verteidigte seinen Text und sagte im Schlusswort zu der Richterin: »Ich stehe vor Ihnen mit einem reinen Gewissen.«

Im Juni war es im Bad Oeynhausener Amtsgericht zu einem Prozess gegen Ursula Haverbeck aus Vlotho und Ernst-Otto Cohrs (beide »Collegium Humanum«) gekommen. Während der Zuhörerandrang damals groß war, blieb es gestern ruhig. Unter den Zuhörern war auch der ehemalige RAF-Anwalt Horst Mahler, der mittlerweile zur rechten Szene gehört und dem »Collegium Humanum« nahe steht.
Im Mittelpunkt stand ein Artikel des Hamburgers Klaus K., der im November 2003 veröffentlicht worden war. Der Verfasser bezeichnete die Behauptung, in Auschwitz seien vier Millionen Juden vergast worden, als »talmudische Lüge« und sprach vom »Seelenmord am deutschen Volk«. Das Heft wurde beschlagnahmt, die weitere Verbreitung verhindert.
Klaus K., 1940 in Berlin geboren, ließ das Gericht zu Beginn seiner vorbereiteten Erklärung wissen, er erkenne es nicht an: »Das Gericht ist eine Einrichtung der Siegermächte.« Er selbst betrachte sich als Bürger des Deutschen Reiches.
K. wies den Vorwurf der Volksverhetzung zurück. Seine Formulierungen bedeuteten »keine Herabwürdigung des Holocaust und seiner Opfer«. Zur eigenen Verteidigung (der 64-Jährige war ohne Rechtsanwalt erschienen) berief er sich auf einen Artikel des Journalisten Fritjof Meyer, der in der Zeitschrift »Osteuropa« die Zahl von vier Millionen ermordeter Juden in Auschwitz in Frage gestellt habe.
Nichts anderes habe er auch getan, so Klaus K. Und was die Formulierung »talmudische Lüge« angehe, so habe sie nichts mit Antisemitismus zu tun. Vielmehr sei eine Aussage des Talmud, dass Nichtjuden keine Menschen, sondern Tiere seien. Tiere dürften belogen werden und so sei die Lüge im Sinne des jüdischen Glaubens zu verstehen: »Das Unrecht, das sie dem deutschen Volk antun, ist ihnen nicht bewusst. Man muss den Juden sagen, dass sie lügen. Aber moralisch verurteilen darf man sie dafür nicht.«
Auch von einer »Herabwürdigung des Holocaust« wollte das ehemalige Mitglied der Deutschen Reichspartei nichts wissen. Er habe den Begriff »Holocaust« in dem Artikel nicht benutzt. Was die Gefahr betreffe, die von der »Stimme des Gewissens« ausgehen könnte, sagte er in seinem Schlusswort zur Staatsanwältin: »Sie überschätzen unsere Möglichkeiten. Wenn wir diese Möglichkeiten hätten, dann säßen Sie hier heute gar nicht.«
Staatsanwältin Dagmar Heckmann ließ sich davon nicht beeindrucken. Hinsichtlich des Artikels sei die Frage stets: »Wie wirken die Formulierungen auf den Normalbürger?« Der Text enthalte die Behauptung, dass die Annahme von vier Millionen ermordeter Juden in Auschwitz eine jüdische Erfindung sei. Der Artikel verharmlose und relativiere die NS-Verbrechen und erfülle den Tatbestand der Volksverhetzung.
Der von der Staatsanwältin geforderten Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro schloss sich das Amtsgericht an.

Artikel vom 12.01.2005