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»Ditze« stiehlt
Varga die Schau

Handball-Meilenstein im Rückblick

Von Gunnar Feicht
Steinhagen-Brockha-gen (WB). »TuS Spenge kommt mit Istvan Varga.« Das Handballdorf Brockhagen stand Kopf, zum Jahreswechsel 1984/85 herrschte Pokal-Fieber. Erst recht, als der TuS den haushohen Favoriten aus dem Rennen warf - und Dieter Schürmann dem ehemaligen Weltauswahlspieler aus Ungarn dabei sogar die Schau stahl.

21:20 (12:8) hieß es am Ende nervenaufreibender 60 Minuten, sechsmal hatte »Ditze« eingeschenkt - »ich glaube, zweimal sogar per direkten Freiwurf«, wie er sich heute schmunzelnd erinnert. Und das - so wissen ältere Handballkenner - war ja seinerzeit gerade die ureigene Spezialität des ungarischen Ballkünstlers im Spenger Dress. TuS Brockhagen trat in jener ersten Pokalrunde auf WHV-Ebene als bescheidener Landesligist an, Varga hingegen hatte Spenge trotz seiner bereits 39 Jahre ins Spitzenfeld der Regionalliga geschossen.
Der spätere Trainer des TV Künsebeck, der 1975 an der Seite von Gummersbachs Legende Hansi Schmidt sogar in der Weltauswahl stand, war die Attraktion in Ostwestfalens Handball-Hallen. Rund 1000 Fans zelebrierten alle zwei Wochen in der überfüllten Spenger Sportstätte Varga-Festtage. Einen solchen hatte Brockhagens Trainer Michael Neuhaus in Vorbereitung auf den Pokal-Hit live miterlebt: Spenge besiegte TSG Herdecke 22:21 - 17 (!) Varga-Treffer standen beim Abpfiff in der Torschützenliste. Durchaus keine Seltenheit ...
Aber Michael Neuhaus hatte offenbar richtig hingeschaut: » ÝDitzeÜ Schürmann imitierte Varga«, berichtete das WB über die Trainingsvorbereitungen des Außenseiters. Und der wendige Mittelmann hatte die Übung des direkten Freiwurfs - meistens per »Knicker« an der Abwehrmauer vorbei gefeuert - anscheinend so verinnerlicht, dass er Spenge im Ernstfall mit den eigenen Waffen schlug. »In der Steinhagener Sporthalle, wo Brockhagen seinerzeit noch spielte, herrschte Riesenstimmung«, schwärmt Schürmann. »Das war ohnehin eine tolle Zeit beim TuS, denn einige Monate vorher hatten wir auch gegen die sowjetische Nationalmannschaft mit dem legendären Trainer Jetwuschenko gespielt.«
Für Schürmann wurde die Saison zum Sprungbrett Richtung Spvg. Versmold, wo er mit Ehefrau Marion auch sein privates Glück fand. Wolfgang Blankert wechselte zum SC Bielefeld, nachdem der TuS am Saisonende hinter HG Paderborn knapp den Landesligatitel verfehlt hatte. Der Kräfteverschleiß durch die Pokalschlachten (weitere Sensationssiege gegen die Oberligisten Altenhagen und Uerdingen sowie Regionalligist Vallendar) trug sicherlich Mitschuld daran. Zumal sich der Höhenflug bis in die erste DHB-Hauptrunde dann nicht lohnen sollte. Dieter Schürmann: »Da hat der TuS den einzigen anderen Landesligisten gezogen, musste bis nach Niebüll an der dänischen Grenze reisen - und ist da oben ausgeschieden ...«

Artikel vom 13.01.2005