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»Raucherpolizei« ist nicht erwünscht

Im Lübbecker Land wird mehr auf Rücksichtnahme als auf gesetzliche Verbote gesetzt

Lübbecke (WB). Per Gesetz ist in Italien neuerdings das Rauchen in allen öffentlichen Gebäuden, Büros, Restaurants und Bars verboten. In Frankreich ist das Rauchen am Arbeitsplatz nicht gestattet, in Restaurants müssen »Raucherinseln« eingerichtet werden. Für Nordrhein-Westfalen liegt ein Entwurf vor, der das Rauchen in Schulen - gleichermaßen für Lehrer, Schüler und Eltern - in Kürze untersagt. Wie stehen gastronomische Betriebe, Behörden und Schulen aus dem Lübbecker Land zu diesem Thema? Julia Graf, Horst-H. Griepenstroh, Wilfried Mattner, und Erwin Eisfeld sammelten dazu Stimmen.

Ein absolutes Rauchverbot, wenn die Mehrheit der Gäste Raucher ist, das könnte sich aus Sicht von Petra Connolly, Pächterin des Stadthallen-Restaurants, nachteilig auswirken. Alternativ hält sie separate Bereiche für Nicht-Raucher sinnvoll, »allerdings hängt das auch immer von den vorhandenen Räumlichkeiten ab«, erklärt sie. Obgleich: Ein absolutes Rauchverbot in Restaurants, wenn es denn für alle Gastronomen verbindlich gelte, das sei o.k., findet ihr Mann Christian Connolly.
Ein komplettes Rauchverbot in allen öffentlichen Einrichtungen, »das ist mir zu strikt«, sagt Lübbeckes Bürgermeisterin Susanne Lindemann. »In den Ausschüssen und im Rat darf nicht geraucht werden, darauf haben wir uns geeinigt.« Und auch innerhalb des Rathauses setze man auf gegenseitige Absprachen und kollegiale Rücksichtnahme, so die Verwaltungschefin. Diese Regelung funktioniere gut. Privat darf im Hause Lindemann nicht geraucht werden. »Mein Mann ist auch Raucher, der stellt sich dann eben unter den Carport«, schmunzelt sie. Nicht-Rauchen gelte auch für ihr Bürgermeisterbüro. Anders im Besprechungsraum, da sei rauchen erlaubt.
Als eine »Einschränkung der Privatsphäre« bezeichnet Gastronom Anton Rudic, Restaurant »Am Kamin«, ein Rauchverbot wie in Italien und spricht sich vehement dagegen aus. So etwas in Deutschland - das könne der Gastronomie, die es ohnehin schwer genug habe, das Genick brechen. »Anders wäre es, wenn sich jedes Lokal verpflichten müsste, eine abgetrennte Nicht-Raucher-Ecke einzurichten, das wäre in Ordnung«.
In den städtischen Sporthallen sei das Rauchen komplett verboten, in der Stadtsporthalle im Foyer geduldet, so Fachbereichsleiter Horst Heidrath. In der Stadthalle sei dies Sache der Veranstalter. Sei die Stadt involviert, versuche man durch gezielte »Aschenbecher-Konzentration«, Raucher in höflicher Form auf bestimmte Bereiche zu konzentrieren. Ein komplettes Verbot, »das halte ich für keine gute Lösung, zu extrem«, sagt Heidrath.
In den Schulen ist die Sache ziemlich eindeutig: Geraucht wird nur in den eigens hierfür ausgewiesenen Bereichen. Das gilt sowohl für das Lübbecker Wittekind-Gymnasium als auch für die Kollegschule und auch die Gesamtschule in Hüllhorst. In Lehrerkreisen ist die Zahl der Raucher ohnehin stark rückläufig. Friedhelm Sauerländer, Leiter des Wittekindgymnasiums, geht davon aus, das das in Vorbereitung befindliche neue Schulgesetz das Rauchen in Schulen künftig ohnehin verbietet.
Ebenso wie beim Wittekind-Gymnasium werden bei der Gesamtschule in Hüllhorst Schüler, die verbotenerweise rauchen, zu sozialen Arbeiten herangezogen. Das bestätigte gestern Schulleiter Diethard Block. Ansonsten plädiert er für die Einhaltung des Jugendschutzgesetzes, hier sei eigentlich alles geregelt, »nur niemand hält sich daran«. Schüler der Oberstufe dürfen auch in Hüllhorst auf eigens hierfür vorgesehenen Flächen rauchen. Das gilt auch für die Kollegschule in Lübbecke, so der stellvertretende Schulleiter Karl-Heinz von der Ahe. Hier gibt es allerdings bereits eine Diskussion darüber, ob der gesamte Schulbereich nicht zur rauchfreien Zone erklärt werden sollte. Das gelte dann auch für die Lehrer.
Ingrid und Klaus Ruf eröffnen am Freitag die Husemühle im Nachtigallental neu. Rauchfreie Zonen werde es in dem Lokal nicht geben, so Ingrid Ruf. Das sei angesichts der Gegebenheiten auch nicht möglich. Allerdings gibt es in dem Lokal einen Clubraum, der nichtrauchenden Gästen bei Bedarf zur Verfügung steht.
Auch im Hüllhorster Rathaus wird nicht geraucht. Nach Aussage von Bürgermeister Wilhelm Henke, selbst Gelegenheitsraucher, gibt es allerdings im Keller eine »Räucherkammer«, in die sich rauchende Mitarbeiter zurückziehen können. Reglementierungen seien nicht notwendig, so Henke. »Wir haben nur wenige Raucher und die sich rücksichtsvoll«.
Geraucht wird - wie könnte es auch anders sein - in den Büros des Zigarrenherstellers Dannemann in Lübbecke. Da das Unternehmen mit seinem Warenangebot eher Genussraucher anspreche, befürchtet Matthias von Nordick, Geschäftsführer für Deutschland, auch keine Einbußen, sollte es analog Italien auch in Deutschland zu einer Einschränkung kommen. Allerdings rechnet er mit einem Werbeverbot für Rauchwaren, das natürlich auch Konsequenzen für das Lübbecker Unternehmen hat.
Sigi Roch, Manager des Handball-Erstligisten TuS N-Lübbecke und seit Jahren bekennender Raucher: »Während des Spiels ist es eh verboten in der Halle zu rauchen, auch im Vorraum. In der Halbzeit darf draußen geraucht werden. Wir müssen mal die nächsten Wochen abwarten, wie das in Deutschland gehandhabt wird, eine »Raucherpolizei«, wie ich es in einigen Fernsehberichten gesehen habe, wird es bei uns aber nicht geben. Im VIP-Raum bleibt die Raucherlaubnis bestehen.«
Anke Korsmeier-Pawlitzky, Bürgermeisterin in Pr. Oldendorf, nimmt die LK-Umfrage zum Anlass, über Konsequenzen aus dem Italien-Urteil für ihre Stadt nachzudenken. Derzeit gibt es hier kein Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden.
Georg Droste, Sparkassendirektor in Lübbecke, hält mehr von Toleranz als von einschneidenden Gesetzen. Zur Zeit gebe es in Schalterhallen ein internes Rauchverbot, rauchende Kunden würden jedoch nicht »an die frische Luft« geschickt.
Silvio Armelie, 27 Jahre Gastronom in Lübbecke, hält das Italien-Gesetz für eine Strafe für Raucher, die manchmal nicht an Nichtraucher dächten. Gerade auch in Discotheken leide das nicht rauchende Personal unter dem Qualm. In seinem Restaurant erfüllt er schon heute nach Möglichkeit den Wunsch von Nichtrauchern, ihr Essen ohne Qualm aus der Nachbarschaft genießen zu können: »In Italien würde ich ein spezielles Raucherlokal eröffnen.«
Heinrich Deeke, Gastronom in Pr. Oldendorf, hält das italienische Rauchverbot fast für »kriminell«. Die Zahl der Raucher sinkt nach seiner Beobachtung ständig; eine Abgrenzung beider »Fraktionen« in seinem Restaurant hält er für überflüssig. Allerdings registriert er auch Kundenanfragen, die »garantiert ohne Rauch essen wollen«.
Gerald Oestreich, Chef der Kliniken im Mühlenkreis, wünscht sich für Deutschland einen Nichtraucherschutz wie in den USA. Sein Ziel sind rauchfreie Kliniken. Doch ein Totalverbot führe zum »Heimlichrauchen« in Kellern und Toiletten mit entsprechender Brandgefahr. Deshalb seien selbst in Krankenhäusern spezielle Raucherbereiche unverzichtbar.

Artikel vom 13.01.2005