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Du hast den
Vogel, ich
kriege das Kleid

Siebte Kleiderbörse in Weiberg

Von Marion Neesen (Text und Foto)
Weiberg (WV). Wenn Männer bisweilen etwas gelangweilt durch eine Schützenhalle schleichen, dann ist irgendetwas anders. Wenn statt ausgelassener Feierlaune kritische Blicke und gute Ratschläge die Atmosphäre prägen, dann ist in der Tat nicht Schützenfest. Vielmehr ist es die Vorstufe. Denn was wäre ein zünftiges Schützenfest ohne die eleganten Königinnen und Hofdamen in ihrer festlichen Robe. Und die konnten die Majestäten und Gefolgsleute der kommenden Festsaison am Sonntag wieder in der Weiberger Schützenhalle günstig erstehen.

Gebraucht ist nicht gleich unansehnlich - davon konnten sich die Damen, und natürlich auch die Herren, in Weiberg wieder einmal mehr überzeugen. Bereits zum siebten Mal veranstaltete der Schützenverein dort den Kleiderbasar. Rund 600 Hofdamen und Königinnengarderoben reihten sich Kleid an Kleid dort, wo sonst gefeiert und getanzt wird.
Während am Samstag die Verkäufer das Wort hatten und ihre Kleider ablieferten, warteten am Sonntagmorgen schon um 9 Uhr die ersten Kaufwilligen vor der Schützenhalle.
»Unsere Kleiderbörse ist im Raum Paderborn einzigartig«, weiß der 2. Vorsitzende des Weiberger Schützenvereins Wigbert Meschede. Den Erfolg führt er zum einen auf das gute Team zurück, das hinter diesem Basar steht. Und noch eines ist ganz wichtig: »Natürlich muss die räumliche Distanz stimmen.« Denn keine Hofdame möchte im Sommer mit einem Kleid aus dem Nachbardorf im Festumzug mitmarschieren. Und so reicht die potenzielle Kundschaft bis nach Siegen, in den Hochsauerlandkreis, nach Höxter, Warburg, Iserlohn und Hamm.
Eine Sache
des Vertrauens
Die Weiberger bieten den Damen nicht nur eine bequeme und übersichtliche Auswahl der Kleider sowie Umkleidemöglichkeiten, sondern auch kompetente Beratung. So sind die Frauen aus dem Organisationsteam schützenfest-erfahren und können wertvolle Tipps geben, oder auch einmal von einem Kleid abraten. Monika Burdick aus Siddinghausen weiß, sollte ein Kleid dennoch einmal nicht ganz auf den Leiberg geschneidert sein, ob man noch was ändern kann. Hofdamen sind von Königinnen natürlich streng getrennt. Nicht nur räumlich, sondern auch im Preis. »Bei uns kann man ein Hofdamenkleid für 80 Euro oder ein Königinnenkleid für 1000 Euro kaufen«, so Ursula Meschede. Im Durchschnitt liegt der Preis für ein gebrauchtes Kleid bei 250 Euro. Wer neu kauft, muss bisweilen schon einmal 600 Euro hinlegen. Und da so viel Geld in der Schützenhalle Weiberg hängt, werden die Kleider im Schichtdienst die ganze Nacht bewacht. Rund 130 Roben wechseln beim Weiberger Basar die Besitzerin. Sogar ein gesamter Hofstaat hat hier schon die Kleider getauscht.
Bei der Auswahl helfen neben den mitgebrachten Männern auch Freundinnen und Mütter. »Das ist eine ganz vertrauliche Sache«, sagt Wigbert Meschede, der zum echten Kleiderexperten geworden ist und natürlich auch so manche Szene zwischen Frau und Mann erlebt hat. Tiefen Eindruck hinterließ bei ihm eine Königin, die sich ein recht teures Stück ausgesucht hatte. Dem dazugehörigen König war plötzlich gar nicht mehr so langweilig, denn so viel Geld wollte er eigentlich nicht ausgeben. »Du hast deinen Vogel, und ich bekomme dieses Kleid«, setzte sich die Dame schließlich durch. Ein guter Handel.

Artikel vom 10.01.2005