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Am Kühlregal das
Messer gezückt

Landgericht verurteilt 25-Jährigen

Herford/Bielefeld (cl). Eineinhalb Jahre Freiheitsstrafe ohne Bewährung forderte Staatsanwalt Eckhard Hoffmann für den 25-jährigen Gerd G., Verteidiger Georg Schulze schloss sich an. Doch die IV. Strafkammer des Landgerichts unter dem Vorsitzenden Richter Harald Jander setzte dreieinhalb Jahre ohne Bewährung fest, ordnete zudem die Unterbringung in einer geschlossenen Entzugsklinik an.
Am 16. Juli hatte der Angeklagte, der damals in »Haus Birkenkamp« wohnte, Tiefkühlartikel im Lidl-Markt am Westring entwendet. Die Filialleiterin sprach ihn an, wurde aber mit einem gezückten Küchenmesser auf Distanz gehalten. Der Räuber flüchtete mit Beute, ein Mitarbeiter und zwei Kunden verfolgten ihn. Einer holte seinen Labrador aus dem Auto und stellte den Räuber. Dieser drohte ebenso wie vorher gegenüber den Verfolgern, auch den Hund »platt« zu machen.
Dessen Besitzer schlug vor, den Rucksack zurückzulassen und zu flüchten. Gerd G. ging auf das Angebot ein. Die Filialleiterin hatte die Polizei informiert. Ihr Kollege verfolgte G. bis ins »Sternhaus«, wo er sich auskannte, weil er dort seinen Zivildienst absolviert hatte. Ausgesprochenes Pech für G., der noch einmal zu fliehen versuchte, als die Polizei kam, aber nach kurzer Verfolgung gestellt wurde.
Besonders deprimierend an dem Fall war, dass der Angeklagte erst ganze sechs Wochen wieder auf freiem Fuß war - nach insgesamt mehr als sieben Jahren Gefängnis. Während er seine letzte Strafe von 22 Monaten absaß, hatte er begonnen, Heroin zu spritzen (»im Knast gibt es genügend Möglichkeiten«). Außerhalb des Gefängnisses setzte er dies fort. Sein Bewährungshelfer machte deutlich, dass G. in Freiheit größte Probleme hätte, wenn er hinter Gittern erlernte »Überlebensstrategien« anwenden würde. Gescheiterte Erziehungsversuche und Jugendhilfemaßnahmen zogen sich wie ein roter Faden durch seinen Lebenslauf.

Artikel vom 08.01.2005