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Respekt vor SCV-Ahnentafel

Trainer Mario Ermisch ist sich seiner schweren Aufgabe bewusst

Verl (cas). »Ich bin auf einen fahrenden Zug aufgesprungen«, lächelte Mario Ermisch am Freitag bei seinem Amtsantritt an der Poststraße. In der Nacht zum Samstag hatte der neue »Lokführer« den Fußball-Express SC Verl schon wieder verlassen: Ab mit dem Flieger nach Fuerteventura, am 23. Januar zum Testspiel gegen Arminia Bielefeld (A) ist er wieder zurück.

Der neue Coach macht kein Hehl daraus, dass auch ihm der Ferientrip nicht das sportliche Konzept passe. »Aber ich konnte die schon vor Monaten gebuchte Reise nicht mehr absagen. Außerdem ist das mein einziger Urlaub in diesem Jahr«, entschuldigt sich Ermisch für die etwas unglückliche Terminkonstellation. Immerhin weiß der Bielefelder Anwalt seine Mannschaft, die übrigens unverändert bleibt (auch keine Neuzugänge), bei Co-Trainer Thomas Stratos in guten Händen.
Elf Jahre lang wirkte Ermisch auf der Bielefelder Russheide, war beim VfB Fichte zuletzt Trainer, Manager, Marketingmann und Geschäftsführer in Personalunion. »Ich bin froh, dass ich mich in Verl auf nur noch eine Aufgabe konzentrieren muss«, sagt der 46-Jährige. Als er seinen Ex-Verein übernahm, stand der damalige VfB kurz vor dem Abstieg in die Bezirksliga. Mario Ermisch führte die »Hüpker« dann in die Oberliga, wo das Nobody-Team in der vergangenen Saison lange Zeit gar zu den Aufstiegskandidaten zählte. »Für uns war das wie die Besteigung des Matterhorns«, schmunzelt VfB Fichtes früherer »Super-Mario«. Das kleine Fußball-Wunder schaffte er mit überwiegend unbekannten Akteuren. »Ich habe noch nie von fertigen Spielern gelebt.« So formte er auch aus dem heutigen Verler Josef Cinar einen Kicker mit Oberliga-Qualität.
Dass Ermisch im Sommer vergangenen Jahres der Russheide den Rücken kehrte und sich dem Bezirksligisten VfL Theesen anschloss, sei kein Rückzug aus zeitlichen Gründen gewesen. »Es reizte mich einfach, auch mal eine andere Fußballwelt kennen zu lernen«, erläuterte Ermisch seinen »Abstieg«. Nun ist er wieder in der Oberliga angekommen. »Wenn der SC Verl anklopft, dann kann man nur schwer Nein sagen«, weiß der Jurist, dass der SCV eine feine Adresse ist.
Ermisch ist sich aber auch bewusst, dass er keine leichte Aufgabe übernommen hat und dass er nur an seinen Erfolgen gemessen wird. »Da brauche ich doch nur auf die lange Ahnentafel meiner Verler Vorgänger zu schauen«, grient der Bielefelder. Immerhin beschäftigte sein neuer Klub in den vergangenen 20 Jahren rund 25 Trainer. Eine stolze Zahl.
Mario Ermisch übernimmt eine intakte Truppe, die er noch nicht hoffnungslos abgeschlagen sieht. »Die Ausgangsposition ist zwar nicht mehr so gut wie vor dem ersten Spieltag. Doch der Rückstand zu den beiden führenden Teams ist nicht so groß, als dass wir jetzt schon aufgeben müssten«, meint der Schröter-Nachfolger. Ihm eilt der Ruf voraus, des öfteren Zoff mit Trainerkollegen zu kriegen. »Mit einigen habe ich in der Tat Probleme«, räumt Ermisch ein, »aber mit den meisten verstehe ich mich prima.«

Artikel vom 08.01.2005