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Die Augen
der Sphinx
leuchten blau

Ein alter Traum wurde Realität

Von Horst-H. Griepenstroh
Lübbecke / Oberbauerschaft (WB). Das war eine echte Herausforderung für den jungen Bildhauer Thorsten Held aus Oberbauerschaft. Für eine Kundin aus Lübbecke sollte er eine Sphinx anfertigen. Diese der griechischen Sage entstammende Figur war ihm zwar ein Begriff, Details standen ihm jedoch nicht zur Verfügung.

»So wusste ich bislang beispielsweise nicht einmal, wie denn eine Sphinx von hinten aussieht. Verschiedene Hürden waren zu bewältigen, doch inzwischen steht das Prachtstück im Garten der Kundin in Lübbecke, die sich damit einen Traum erfüllt hat.
Auf Capri hatte sie vor 30 Jahren eine Sphinx gesehen und seither fasziniert davon. Nun endlich konnte die kunstinteressierte Lübbeckerin diesen Wunsch in die Realität umsetzen. »Ein gelungenes Werk«, bestätigt sie dem Oberbauerschafter Bildhauer.
Nun ist eine Sphinx ein geflügelter Löwe mit einem Frauenkopf. In der griechischen Sage verkörpert sie das Sinnbild des Rätselhaften. Die Kundin allerdings hatte den Wunsch, der Kopf der Sphinx möge dem Gesicht ihres Neffen nachempfunden werden.
Thorsten Held machte sich ans Werk, diese nicht ganz leichte Aufgabe in die Realität umzusetzen. Mit der Gestaltung größerer Betonfiguren hatte er ausreichend Erfahrung. Der gelernte Tischler, der nach seiner Ausbildung vier Jahre als Tischlergeselle gearbeitet hatte, entschloss sich 1993 zu einem Studium der Bildhauerei bei Professor Otto und Bernd Altenstein in Bremen. In jüngster Zeit hatte Thorsten Held mehrere größere Figuren für das Focke-Museum in Bremen angefertigt.
Für eine Sphinx jedoch musste er zunächst das Internet bemühen, um sich entsprechende Vorlagen zu beschaffen. Nach dem ihm zur Verfügung stehenden Material machte er sich daran, ein Modell aus Ton zu erstellen. Und hier ging es bereits um Details, denn von diesem Tonmodell musste anschließend eine Form für den Guss angefertigt werden. Auch Luka, der Neffe der Kundin, musste mehrfach in der zu einem Atelier umgebauten Tischlerwerkstatt des Künstlers Modell stehen. »Man muss schon ein gutes Gefühl für Formen haben und natürlich einen Blick fürs Detail, um ordentlich modellieren zu können.«
Zwei Wochen lang arbeitete Thorsten Held an dem Modell, und mehrere Korrekturen waren erforderlich, ehe er sich daran machte, die Form für den Guss herzustellen. Mehrere Schichten waren aufzutragen, bis die zweiteilige Silikonform fertiggestellt war. Der nächste Schritt war die Erstellung der Stützform, denn die etwa einen Zentimeter starke Silikonform braucht den nötigen Halt, wenn sie mit Beton befüllt wird. Endlich war alles nach dem Geschmack des Künstlers, und der eigentliche Guss konnte beginnen. Die Betonmischung wurde angerührt und eingefärbt und während des Einfüllens in die Form immer wieder mit einer Rüttelflasche verdichtet, »damit keine Blasen entstehen«. Hier muss zügig gearbeitet werden, denn die Betonmischung härtet relativ schnell aus und der Guss muss in einem Stück erfolgen. Nach drei Tagen war die Figur völlig ausgehärtet und Thorsten Held entfernte die Gussform. »Das ist immer wieder ein spannender Augenblick, denn erst jetzt entscheidet sich, ob das Werk gelungen ist«, so der Künstler.
Er war zufrieden, und seine Kundin auch. Allerdings sollte das Gesicht der Sphinx auch Augen bekommen. Und hier kam Thorsten Held der Zufall zu Hilfe. Beim Weihnachtsmarkt in Levern hatte er Kurt Slaba kennen gelernt, einen Edelsteinschleifer, der erst seit einigen Monaten in Pr. Oldendorf wohnt. Der war sofort begeistert von der Idee, für die Sphinx Augen aus dem Lapislazuli anzufertigen, einem Edelstein wie aus einem Märchen aus Tausend und einer Nacht: Tiefblau mit goldenen, wie kleine Sterne schimmernden Einschlüssen aus Pyrit. Die entsprechenden Augenhöhlen hatte Thorsten Held bereits berücksichtigt.
Nun liegt die Sphinx an ihrem endgültigen Platz auf einem extra angefertigten Sockel in dem Lübbecker Garten, den Blick gen Osten gerichtet, ihrem großen Vorbild nachempfunden. »Ich kann mich einfach nicht satt sehen«, schwärmt die Kundin, die es kaum erwarten kann, wenn in wenigen Monaten die Blumen blühen und der Sphinx mit den strahlenden blauen Augen ein ganz besonderes Ambiente verleihen.

Artikel vom 08.01.2005