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»Ein zweiter Geburtstag«

Espelkamper zurück aus dem Katastrophengebiet

Von Reinhard Kehmeier
Espelkamp (WB). »Wir können zum zweiten Mal Geburtstag feiern«, sagen Hans-Jürgen Kelch und Hans-Peter Lechleiter. Die beiden Espelkamper sind, wie am Donnerstag gemeldet, unbeschadet von ihrem Tauchurlaub in Phuket zurückgekehrt.

Nach 13 Stunden Flug traf gestern Nacht die letzte reguläre LTU-Maschine nach der Katastrophe mit Thailand-Rückkehrern ein. 50 Plätze waren noch frei an Bord, berichtet Lechleiter, der wie Kelch zwei Wochen eher als geplant vom Tauchurlaub zurückgekehrt ist. »Wir haben den Verletzten Vortritt gelassen«, sagt Kelch, Wachleiter der Espelkamper Feuerwehr. Gleichwohl war noch ein Schwerverletzter mit in der Maschine. »Und unserem Nachbarn im Flugzeug waren auf Phi Phi Island nur die Sachen geblieben, die er am Körper trug«, erzählt Kelch.
Beide berichten der ESPELKAMPER ZEITUNG von einem ungeheuren Aufbauwillen der Thais, der in ihrem Urlaubsort Karon Beach den Touristen schon nach wenigen Tagen das schreckliche Geschehen vergessen machen sollte. Doch auch an diesem Strand waren zwei Europäer und zwei Thais umgekommen. »Wir haben uns große Sorgen um unsere Bekannten gemacht, darunter etliche Senioren aus Deutschland, die hier überwintern. Manche saßen glücklicherweise noch beim Frühstück. Wer am Strand war, hat Schürfwunden und blaue Flecken davongetragen. Viele konnten sich an Bäumen festklammern, andere in höher gelegenes Gebiet retten.« Die Lage stellt sich offenbar an den einzelnen Strandabschnitten der beliebten Ferieninsel völlig unterschiedlich dar und ist kein Vergleich zu den Katastrophenregionen Indonesiens auf Sumatra oder im Süden und Osten Sri Lankas.
Die beiden Espelkamper wären gegen 9 Uhr, als zuerst das Wasser wich und dann die gewaltige Flut kam, auch am Strand gewesen. Sie hatten für den zweiten Weihnachtstag bei einer deutschen Basis eine Tauch-Exkursion gebucht und waren unterwegs zu einem Schiffswrack. Starke Strömung hätten sie bemerkt, doch diese sei dort nicht ungewöhnlich. Erst Telefonanrufe an Bord machten den Kapitän und seine Gäste auf die Katastrophe an Land aufmerksam. Als erfahrene Urlauber hatten die Espelkamper privat gebucht und diesmal zufällig Bungalows in höher gelegenem Gebiet bezogen, so dass sie auch kein Hab und Gut verloren.
Als Rettungssanitäter brauchte Hans-Jürgen Kelch nicht einzugreifen. Als ihr Schiff wieder in Karon Beach anlegte, hatte sich die ungeheure Flut nach dem Seebeben längst zurückgezogen. Nur die durcheinandergewirbelten Gerätschaften kündeten auch im Zentrum des Ortes noch von der verheerenden Flut. Erst im Internet-Café erfuhren die Espelkamper unter »tagesschau.de« vom wahren Ausmaß der Kastastrophe, das erst nach und nach in der Öffentlichkeit bekannt wurde. Und auch jetzt, zu Hause, hat Hans-Jürgen Kelch bei »ntv« erstmals Bilder gesehen, die ihm den Atem stocken und bewusst werden lassen, was auf das Urlaubsparadies zugerollt ist.
Auch nach der Jahrhundertkatastrophe mit den für viele Menschen schlimmsten denkbaren Folgen bleibt das Land in der Andamanen See für die begeisterten Taucher ein Traumziel, das sie auch künftig ansteuern möchten.

Artikel vom 07.01.2005