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Der »Killer«
kam immer
nur nachts

Marder wütet im Hühnergehege

Von Wolfgang Wotke
Gütersloh (WB). Der Tod kam immer nur nachts. Schleichend und geräuschlos schlug der »Killer« blitzschnell und eiskalt zu, verschwand dann im Dunkeln. Am Ende tötete er vier Jagdfasane, sechs Zwerghühner, vier Hühner, vier Enten-Küken und zwei wertvolle Zuchtgänse. »Ich bin mir sicher«, sagt der 60-jährige Rassegeflügelzüchter Dieter R., »das hat ein Marder getan.«

Die zwei grauen Hühnergänse, die Fasane und die Hühner habe der Räuber in der angrenzenden Wiese einfach liegengelassen. »Denen hat er nur das Blut ausgesaugt«, berichtet Dieter R., der in Spexard eine kleine Rassegeflügelzucht betreibt. »Als ich meine Gänse Ende November dort tot fand, war ich richtig traurig. Sie waren wunderschön, und in ihrer Aufzucht steckte viel Liebe und Arbeit.« Die Zwerghühner und die Enten-Küken hat der Marder weggeschleppt und wahrscheinlich gefressen. Ein weißes Huhn wurde bei einem der nächtlichen Überfälle lebensgefährlich verletzt. Doch dieses Tier konnte Dieter R., der sich nicht gerne in der Zeitung ablichten lässt (»Ich arbeite lieber bescheiden im Hintergrund«), doch noch retten: »Es hatte eine lange Wunde direkt am Hals. Meine Frau und ich haben es liebevoll aufgepäppelt, und es hat Gott sei dank überlebt.« Der Schaden: mehr als 500 Euro.
Wenn nachts die »Poltergeister« auf dem Dachboden spuken oder das Auto am Morgen nicht anspringt, weil mal wieder die Kabel durchgebissen sind, ist der »Übeltäter« meist schnell entlarvt: Ein Marder war am Werke. Genauer gesagt der Steinmarder (lateinisch: Martes fonia), den es im Gegensatz zu seinem größeren Vetter, dem Baummarder (Martes martes), in die Nähe des Menschen zieht. Vom Baummarder unterscheidet er sich aber auch im Aussehen: »Steinmarder haben einen weißen Kehlfleck, Baummarder einen gelblichen, der in einem Keil zwischen den Vorderbeinen endet«, erklärt ein Biologe und Experte der Stiftung Naturschutz Berlin auf Anfrage des WESTFALEN-BLATTes. Noch in den 50er Jahren seien Marder wegen ihrer Felle von der Ausrottung bedroht, doch der Bestand habe sich glücklicherweise erholt. »Die kleinen Raubtiere sind auch in Städten häufig anzutreffen. Obwohl der größtenteils nachtaktive Steinmarder auch Beeren, Früchte und menschliche Abfälle nicht verschmäht, machen Mäuse und auch Vögel den Hauptbestandteil seiner Nahrung aus.« Wenn die Marder nicht auf Nahrungssuche sind, verschliefen vor allem Steinmarder den Tag an ausgesuchten Verstecken wie Reisighaufen, Stallungen, Schuppen oder auf Dachböden. Und davon, so der heimische Rassegeflügelzüchter, gäbe es ja hier genug.
Ob es sich bei dem Räuber in Gütersloh-Spexard um einen Baum- oder Steinmarder handelt, konnte Dieter R. nicht genau sagen. »Zwei Nachbarn von mir haben ihn kurz gesehen. Mehr weiß ich nicht.« Ob er jetzt seine verbliebene Tauben- und Vogelzucht nun mehr absichern werde? »Meine Tiere sind ausreichend geschützt, da kommt kein Marder rein. Vielleicht lege ich mir ein Pony für die Wiese zu.«

Artikel vom 05.01.2005