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Zum Jahreswechsel erstmal in die Sauna

Andere Länder, andere Sitten: Steinhagener erzählen von Silvester-Bräuchen aus aller Welt

Von Friederike Niemeyer
Steinhagen (WB). Ein geselliges Essen, Feuerwerk und ein Gläschen Sekt -Êdas verbinden Deutsche mit Silvester. Doch feiern kann man auch ganz anders: Steinhagener erzählen von fremden Sitten.

Im hohen Norden geht es am letzten Tag des Jahres heiß her. »Der Saunagang gehört einfach dazu, egal wie eilig man es hat - auch an Silvester«, berichtet Sirkka-Liisa Beese. Die 57-jährige Hausfrau verließ vor 30 Jahren ihre finnische Heimat. Gerade die Jugend ziehe es dann zu Tanzveranstaltungen. »Mit Kostüm und Maske soll es immer geheimnisvoll sein«, sagt sie. Alkohol ist in der Öffentlichkeit verpönt, dafür wird umso eifriger das Tanzbein geschwungen. »Tanzen ist Volkssport, und der Tango ist der Tanz dort schlechthin.« Allerdings nicht so feurig wie in Spanien. »Finnen gehen den Tango spazieren«, meint Sirkka-Liisa Beese lächelnd.
Feuerwerk mögen Finnen und Italiener. Teresa »Tessa« Kretschmann, 43-jährige Spezialitätenhändlerin, kann zudem von viel Geselligkeit in ihrer italienischen Heimat berichten, etwa bei einer Tombola. Und gutes Essen gehört dazu: das »cotechino«, ein schönes Schweinefleischstück, das mit Linsen gereicht wird. »An Silvester wird alles gegessen, was rund ist. Das soll Glück bringen.« Rund gebunden ist auch der Korn-Strauß, den man sich überreicht. »Speziell für junge Paare, das symbolisiert Glück und Fruchtbarkeit«, so Tessa Kretschmann.
Ziemlich westeuropäisch mit Fondue, Feuerwerk und Alkohol feiern die Kanadier Silvester, berichtet die 32-jährige Industriekauffrau Franziska Wiedemann, die in New Brunswick aufgewachsen ist. Für die dortige Mentalität typisch sei aber die inzwischen landesweite Initiative »Mothers against drunk drivers« (Mütter gegen betrunkene Autofahrer). »Das ist ein Netzwerk, das Leute von ihren Feiern abgeholt -Êgegen eine Spende«, berichtet Franziska Wiedemann.
Auch in Afrika wird nach europäischem Muster der Jahreswechsel gefeiert. »Auf dem Dorf gibt es zwar keine Raketen wie in der Stadt, dafür aber immer Musik und Tanz«, erzählt John Boachie-Bonnah, 55-jähriger Fahrer aus Ghana. Silvester ist ein Familienfest -Ê»und das heißt bei uns: mit der ganzen Verwandtschaft«.
Silvester war für die 70-jährige Rentnerin Anna Gnatjuk in der früheren Sowjetunion der Ersatz für Weihnachten, das beim damaligen Regime verpönt war. »Wir haben aber die deutsche Tradition hoch gehalten, etwa mit Plätzchen nach altem Rezept«, berichtet sie. Und damit die Kinder sich nicht verplapperten, gab es dann die Weihnachtsgeschenke. Sich etwas zum Jahreswechsel schenken, das war auch in Russland üblich.
Ein Fest der Geschenke ist Silvester auch in der Türkei, berichtet der in Kurdistan geborene Gemüsehändler Atila Kirbas (35). Feuerwerk, Alkohol und ein schöner Truthahnbraten, gefüllt mit Korinthen und Reis, gehören dazu. Doch hier in Deutschland hat sich die Familie Kirbas angepasst. »Bei uns gibt es die Geschenke jetzt an Weihnachten.«

Artikel vom 31.12.2004