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»Schöner wohnen« gab's
einst auch in Künsebeck

Die Geschichte einer Villa mit Prinzessinnen-Zimmer

Von Klaudia Genuit-Thiessen
Halle-Künsebeck (WB). Heute könnte die riesige Gründerzeit-Villa als Romantik-Hotel eine zweite Karriere hinlegen: Fachwerkgiebel, Türmchen, Freitreppe und holzgeschnitzte Veranda sind den Künsebeckern auch rund 40 Jahre nach dem Abbruch der als »Villa Ditfurth« bekannten Immobilie noch in Erinnerung: auch eine Künsebecker Geschichte.

Walter Köppens Großvater Peter hat den gewaltigen Kasten gebaut. Der Unternehmer aus dem Rheinland, der einen Sitz im preußischen Landtag, zehn Söhne und zwei Töchter gehabt haben soll, hat vermutlich das Kalkwerk Köppen begründet. Sein Sohn Otto und ein Onkel betrieben das Werk, das direkt neben Müller gelegen war, wie der 82-Jährige aus Casum sich erinnert.
Um 1930 wurde die Villa schon vermietet, wie Walter Köppen sich erinnert an eine Familie von Ditfurth. Dass er allerdings als Kind mit dem bekannten Wissenschaftsjournalisten und Pazifisten Hoimar von Ditfurth (1921-1989), Vater der Fundi-Grünen Jutta von Ditfurth in der Villa in Künsebeck gespielt hat, wie er sich zu erinnern meint, streitet Heilwig von Ditfurth, ab. Die Witwe des vielfach ausgezeichneten Dozenten und freien Publizisten, der in der ZDF-Sendereihe »Querschnitte« bei vielen Menschen Interesse an den Naturwissenschaften weckte, sagte im WB-Gespräch, ihr Mann habe sicher nie in Künsebeck gelebt. »Allerdings war er Hoimar Nr. 17 oder so ähnlich«, schließt sie nicht aus, dass ein Namensvetter aus der weitläufigen Familie, die auch Verbindungen nach Bielefeld hatte, eine Weile in Künsebeck lebte.
»Ditfurths waren auf einmal weg«, erinnert sich Walter Köppen noch an die Zeit, in der das »Prinzessinnenzimmer« im Turm noch bewohnt war, als das Kalk- und Zementwerk noch nicht »kaputt gemacht worden« war.
1951 zog jedenfalls Dr. Erich Kleiber mit seiner Frau Gisela und den beiden Kindern in die erste Etage der Villa - Künsebecks erster praktischer Arzt. »Die Villa lag damals in einer Sandwüste«, berichtet Gisela Kleiber vom desolaten Zustand des Hauses, in dem unten Familie Lindemann lebte, oben eine Familie mit vier Kindern. Als neue Fensterscheiben eingesetzt worden und die Räume komplett renoviert waren, betrieb Dr. Kleiber seine Praxis in der alten Villa, die die Firma Dürkopp damals vermietete.
1959 baute der Mediziner. Und Dürkopp stellte die Villa für einen Meister komplett auf den Kopf. Der teure Umbau soll sich jedoch nicht ausgezeahlt haben. Kurze Zeit später wurde die Villa abgerissen . . .

Artikel vom 15.01.2005