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Bürger haben selbst entschieden

Neue Mehrheit im Stadtrat - Erstmals Bürgermeisterin - Freibadfrage gelöst

Von Erwin Eisfeld
Lübbecke (WB). 2004 war ein Jahr mit weitreichender Bedeutung. Es fiel die Entscheidung, wer die Stadt in den nächsten fünf Jahren regiert, wer im Rathaus das Sagen hat und dass es im Stadtgebiet nur noch ein Freibad geben wird. Die Hoffnungen richten sich nun darauf, dass diese Weichenstellungen positive Auswirkungen auf die (leere) Stadtkasse haben werden.

Denn von dem Einstieg von RWE bei den Stadtwerken (24,9 Prozent Beteiligung) erhofft sich die Stadt dank der Stromnetzübernahme satte Gewinne. Das neue Jahr wird's zeigen.
Das herausragende Ereignis war die Kommunalwahl. Die CDU wollte das Rathaus verteidigen, Bürgermeister Gerhard Bösch (CDU) eine weitere Legislaturperiode auf dem Chefsessel sitzen. Beides misslang. Stattdessen setzte sich in der Stichwahl mit 62,3 Prozent völlig überraschend eine in der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannte junge Frau durch: Mit der Sozialdemokratin Susanne Lindemann (40 Jahre) wurde erstmals in der Geschichte Lübbeckes eine Frau in die höchste zu vergebende Position gewählt. Und ihre Partei gewann die meisten Sitze im Stadtrat zurück. Der Wahlausgang (SPD 38,3 Prozent, CDU 35,0, Grüne 7,4, WL 7,4, FDP 6,8, LK 5,1) bescherte eine Koalition zwischen SPD, Grünen und LK.
Zum Stolperstein geworden waren der CDU und Bürgermeister Bösch letztendlich die Bürger selbst: der umstrittene Führungsstil des Bürgermeisters, Streit mit Anliegern der Wittekindstraße, die sich mit langem Atem erfolgreich gegen eine Erneuerung ihrer Straße wehrten, und eine für viele Bürger nicht exakt einzuordnende Position in der Freibad-Frage hatten ein gerüttelt Maß Anteil am Wechsel der politischen Machtverhältnisse.
Und es gab in Lübbecke ein zweites Großereignis mit einschneidenden Folgen: der zweite Bürgerentscheid in der Stadtgeschichte scheiterte zwar, brachte dadurch aber endlich Klarheit, dass das Traditionsbad an der Obernfelder Allee nicht mehr von der Stadt als kommunales Freibad geöffnet wird. Eine Interessen- und Bürgergemeinschaft pro Freibad Gehlenbeck aus den östlichen Stadtteilen Nettelstedt, Gehlenbeck und Eilhausen überzeugte dann auch viele »Kernstädter«, dass ihr Bad in Gehlenbeck erhaltenswürdiger ist. So sprachen sich beim Bürgerentscheid mit Abstand mehr Bürger für Gehlenbeck (4 829 = 57,8 %) als für Obernfelde (3 529 = 42,2 %) aus.
Zu einem weiteren Unruheherd hatte sich zu Jahresbeginn der städtische Baubetriebshof entwickelt. Dort sorgten eine Schwarzgeldkasse und »Material-Tourismus« für Schlagzeilen. Nach Gerichtsterminen, Abgang der alten Leiterin und Einstellung eines neuen Bauhofchefs kehrte schließlich Ruhe ein.
Natürlich hatte das Jahr 2004 auch eine Sonnenseite. Das eingeweihte Gehlenbecker Heimathaus entwicklte sich zu einem echten Dorfmittelpunkt, für das Stadtmarketing wurde nach langem politischen Tauziehen im Rathaus endlich ein hauptberuflicher Mitarbeiter eingestellt. Grund zum Feiern gab es auch bei zahlreichen Vereinen: der Posaunenchor blickte auf sein 100-jähriges, die Kantorei an St. Andreas und die Karnevalisten auf ihr 50-jähriges Bestehen zurück.

Artikel vom 31.12.2004