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Strom aus
der Silage

Erste Biogas-Anlage im Kreis

Von Reinhard Kehmeier
Niedermehnen (WB). »Nawaro« heißt das Stichwort, »nachwachsende Rohstoffe«. Sie sollen Landwirten einen rationelleren Betrieb ermöglichen und helfen, die Umweltbilanz zu verbessern. Das erste Nawaro-Kraftwerk im Kreis entsteht bei einem Schweinemäster in Niedermehnen.

»Man müsste die Silage besser nutzen können«, sagte sich Friedrich-Wilhelm Rabe (31). Der gelernte Industriemechaniker informierte sich frühzeitig über technische Möglichkeiten, die sich auf dem Familienbetrieb seines Vaters Friedrich Rabe realisieren ließen. Staatliche Förderung begrenzte das Wagnis der 600000-Euro-Investition, und so kam der Familienrat überein, einen neuen Betriebszweig für die Strom- und Wärme-Produktion zu gründen. Die Genossenschaftsbank war vom Konzept überzeugt, und das Kreisbauamt arbeitete zügig. Nach dem Antrag im August kann jetzt gebaut werden. Noch im Frühsommer soll die 170-Kilowatt-Anlage ans Netz gehen. »Eine mittlere Größe«, sagt Friedrich-Wilhelm Rabe. Er hat sich mehrere Biogas-Anlagen im Münsterland angesehen. Etwa 100 gibt es bereits in Nordrhein-Westfalen, doch nicht alle werden ausschließlich mit nachwachsenden Rohstoffen betrieben, sondern unter anderem auch mit Fett-Abfällen. Auf dem Hof Rabe werden 900 Mastschweine gehalten. 1700 Kubikmeter Gülle im Jahr werden künftig zunächst vergärt, bevor sie als geruchsarmes Substrat zur Düngung aufs Feld kommen. Die Gülle macht etwa ein Drittel des Rohstoffbedarfs für das neue Blockheiz-Kraftwerk aus, der Hauptanteil ist die Silage. Silomais liegt schon parat, Grünroggen für den Häcksler ist im Anbau. »Auch Stilllegungsflächen dürfen genutzt werden«, sagt Rabe, der den höheren Aufwand für Ernte und Silage einkalkuliert hat.
Die Firma Biogas Nord (Bielefeld) hat das Projekt an der Hollweder Straße 2 geplant. Markante Gebäude sind künftig der Fermenter mit 14 Metern Durchmesser und der so genannte Nachgärer, das Endlager, mit 19 Metern. Beide werden fünf Meter aus der Erde ragen. Die Silo-Lagerfläche umfasst 50 mal 20 Meter. Die Behälter sind gasdicht geschlossen, so dass von ihnen keine Geruchsbelästigung ausgeht. Computergesteuert werden Rohstoffe zugeführt, bevor das gespeicherte Gas den Generator antreibt. Zehn Prozent Heizöl-Anteil sind zur - anfangs höheren - so genannten Stützfeuerung kalkuliert. Zum Wohnhaus und den Ställen werden Wärmeleitungen verlegt, dadurch entfällt die Gasbeheizung. Ein Notkühler springt an, wenn die Abwärme nicht benötigt wird. Sie sorgt auch für den Betrieb der Anlage. Die Behälter werden auf 40 Grad gehalten. Bei dem kleinen Heizwerk-Gebäude kommt es unter anderem auf gute Schallisolierung an, weiß Rabe: »Wir wollen keinen Brummer hinter dem Haus.« Beim Hersteller nimmt der Schlosser und Landwirt an Schulungen teil, um die Wartung der Anlage bewerkstelligen zu können.
Das Energie-Einspeise-Gesetz hat die Vergütungen auf 20 Jahre festgelegt, ein Kernpunkt der Kalkulation. Zur Grundvergütung von 11,5 Cent pro Kilowattstunde kommen ein »Nawro«-Bonus von sechs Cent, der sich jährlich um anderthalb Prozent reduziert, sowie ein Bonus für die ebenfalls vom Zähler ermittelte Abwärmenutzung. Ob Aufwand und Ertrag stimmen, hängt nicht allein von festen Größen ab. Interessierten will der junge Landwirt gern seine Erfahrungen vermitteln. Jedenfalls plant er, die Biogas-Anlage nach der Fertigstellung bei einem Tag der offenen Tür vorzustellen.

Artikel vom 29.12.2004