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Die Kolumne Stadtgespräch erscheint mittwochs in dieser Zeitung.

Stadt
Gespräch

40 Jahre am »Katzentisch« (100. Folge):Köhler: Europawahl als Anfang


Beim vorweihnachtlichen Essen des Bürgervereins im »Tönnchen« des Ratskellers gab mir Dr. Franz Drewes, früherer Stadtdirektor im lippischen Lage, einen Zeitungsausschnitt des »Westfälischen Volksblattes« von Silvester 1979 aus der Feder von Landrat Joseph Köhler: »Mit Mut und Zuversicht in die 80er Jahre!« Er schloss vor 25 Jahren seinen Zweihundert-Zeiler: »Es gab lange Zeit nicht soviel Unsicherheiten an einer Jahreswende wie diesmal. Die Chancen der Bewährung sind größer. Verantwortungsbewusstsein ist gefordert. Dann können wir mit Mut und Zuversicht die Schwelle in die 80er Jahre überschreiten.«
Der Kreis Paderborn hatte Ende 1979 225.000 Einwohner gegenüber 212.000 zur Gebietsreform 1975. Heute leben im Kreis 296.000 Bürger, der 300.000. Kreisbewohner könnte 2008 registriert werden. Landrat Joseph Köhler (seit 1964) und Oberkreisdirektor Werner Henke (ab 1965) bestimmten vor 25 Jahren die Geschicke des Kreises Paderborn, Dr. Wilhelm Ahle und Reinold Stücke waren seine Stellvertreter. Bürgermeister in Paderborn war 1979 Herbert Schwiete (bis 1988), Verwaltungschef im Stadthaus Wilhelm Ferlings (bis 1991). Die Stadt hatte 109.000 Einwohner, heute sind es 140.000.
Joseph Köhler vor einem Vierteljahrhundert: »In diesem letzten der 70er Jahre gab es lebhafte und heftige Auseinandersetzungen in zwei Wahlkämpfen. Wir sollten nicht vergessen, trotz aller Verwirrung, trotz aller Uneinigkeiten und allen Streites: Erstmals wählten Europäer ein Parlament! Das war ein Anfang. Wir müssen dafür sorgen, dass es ein Anfang wird, der kommenden Geschlechtern mehr Sicherheit, Freiheit und Gestaltungsmöglichkeit gibt als das meiner Generation vergönnt war.«
Bei der ersten Europawahl holte CDU-Bezirksvorsitzender Albert Pürsten für die CDU im Kreis Padeborn 68,2 Prozent, sein Nachfolger Elmar Brok fünf Jahre danach 64. Die Kommunalwahl 1979 hatte die CDU haushoch gewonnen: 62,7 Prozent im Paderborner Rathaus und 65,8 (37 von 57 Sitzen!) im Kreistag. Im Jahr 1980 kamen Joseph Köhler und Toni Schröder, Salzkotten, mit 61 und 65,2 Prozent in den Landtag. Bundestagsabgeordneter wurde im gleichen Jahr Dr. Heinrich Pohlmeier (63,8 Prozent). Der Bürener Pädagoge folgte Dr. Rainer Barzel als Direktkandidat. Barzel hatte die Region Paderborn seit 1957 im Hohen Haus am Rhein glänzend vertreten.
Zukunftsweisend Landrat Joseph Köhler vor 25 Jahren: »Das, was mit der Vokabel Umweltschutz umschrieben wird, ist die Aufgabe des kommenden Jahrzehnts. Nicht deshalb, um sogenannten Grünen die Argumente zu nehmen oder weil das modern ist, sondern deshalb, weil wir kommenden Geschlechtern die Möglichkeit menschlicher Existenzen erhalten müssen und auch erhalten wollen!«
Wechsel 1979 und 1980 auch im Spitzengremium des Paderborner Erzbistums: Weihbischof Dr. Paul Werner Scheele wurde am 4. September 1979 Bischof von Würzburg. Er ist inzwischen im Ruhestand. Paul Josef Cordes, ab 1976 Weihbischof, folgte 1980 dem Ruf in den Vatikan, wo er heute noch eine wichtige Position einnimmt. Zwei neue Weihbischöfe 1980: Hans Leo Drewes und Paul Consbruch.
Silvester 1979 prägt Köhler Aussagen, die auch heute noch Wirkung erzielen können: »Wir sehen am Untergang von Völkern und Kulturen, wir spüren am grenzenlosen Leiden von Millionen, dass die Übertragung europäischer Lebensformen und der Export von Technologien ungeeignete Mittel zur Befreiung von Völkern sind.«
Auch das war Silvester 1979 im »Volksblatt« zu lesen: 50. Geburstag des VW-Autohauses Karl Thiel. Aus diesem Anlass erhielt das heimische DRK einen nagelneuen Unfall-Einsatzwagen. Georg Vockel

Artikel vom 29.12.2004