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Lübbecker in Katastrophen-Region

Reisebüros in Sorge um heimische Urlauber - beliebte Winterreiseziele

Altkreis Lübbecke (HoG/jug). Durch das verheerende Seebeben und die Flutwellen sind die Weihnachtsfeiertage in Südasien für Einheimische und Urlauber zu einem wahren Albtraum geworden. Neben der Karibik ist der Süden Asiens auch bei den heimischen Touristen ein beliebtes Reiseziel, speziell in den Wintermonaten. Lufttemperaturen von 30 Grad, weiße Strände: Während Thailand bei Rundreisenden und Badeurlaubern beliebt sei, stünden die Malediven vor allem bei Tauchern hoch im Kurs, wie Frank Gotsch, Leiter des Reisebüros Hermsmeier, weiß.

Zurzeit gehe es für die Reiseveranstalter erst einmal darum, zu sehen, wie die Lage vor Ort sei, »es ist ja alles noch ziemlich ungewiss«, so Gotsch. Nach seiner Einschätzung werde das Angebot der Veranstalter, bei einer gebuchten Reise in die Katastrophen-Region bis zum Abflug 31. Dezember den Urlaub kostenlos umzubuchen oder zu stornieren, möglicherweise noch verlängert.
»Von uns sind aktuell keine Kunden in der Region«, so Gotsch. Wichtig aus seiner Sicht sei es, dass die geplanten Charter-Flüge auf jeden Fall stattfänden, damit die Urlauber aus der Region so schnell wie möglich zurückkehren könnten; auch, wenn die Maschinen von Deutschland aus wahrscheinlich fast leer dorthin fliegen würden.
Sorgen macht man sich im Lübbecker Reisebüro Kanne. »Von uns sind derzeit zwei Kunden aus Lübbecke auf den Malediven«, sagte Mitarbeiterin Kathrin Plaßmann gestern Morgen. Zwei weitere Urlauber aus Bad Essen hätten nur den Flug nach Bangkok gebucht. Das Reiseziel der Lübbecker, Kuredu Island, so habe sich im Laufe des Tages dann aber ergeben, gehöre nicht zu den betroffenen oder evakuierten Inseln: »Da waren wir natürlich erleichtert«.
Gerade bei den Malediven sei es sehr schwierig für die Veranstalter, an Informationen zu kommen, »die Malediven sind ja im Grunde wie von der Außenwelt abgeschnitten«, so Kathrin Plaßmann.
»Ich hatte auch schon Kontakt zu einem Freund, der in Minden ein Reisebüro betreibt und sich auf Südost-Asien spezialisiert hat. Seine Kunden haben sich alle schon bei ihm gemeldet«, berichtet Kathrin Plaßmann weiter.
Noch nicht absehbar seien die Auswirkungen der Katastrophe auf die Reisebranche. Geringe Nebenkosten, die Freundlichkeit der Menschen: die Region biete den Urlaubern viele Vorteile. Gerade für Taucher werde es schwierig, hier eine Alternative zu finden.
Heimische Kunden, die im Februar eigentlich eine Reise auf die Malediven hatten unternehmen wollen, hätten diese jetzt erst einmal abgesagt.
In großer Sorge ist Elke Bastert, die das Reisebüro Lübbecke in der Deerberg-Arkade betreibt, seit sie von dem Unglück in Südasien erfahren hat. Ein älteres Ehepaar aus Lübbecke ist am 7. Dezember nach Phuket (Thailand) geflogen. Bis zum 19. Januar soll der Aufenthalt dauern. Es handelt sich dabei um Stammkunden, denn die beiden Lübbecker haben seit Jahren alljährlich Fernreisen gebucht, um hier dem trüben Wetter zu entfliehen. Elke Bastert hat natürlich sofort versucht, Kontakt aufzunehmen, doch bisher ohne Erfolg. Ein Anruf im Hotel war vergeblich, ebenso wie der Versuch, die Lübbecker per Handy zu erreichen. Nun hat die Reiseverkehrskauffrau eine SMS geschickt in der Hoffnung, dass sie ihre Kunden erreicht. »Das lässt mir keine Ruhe. Aus den Nachrichten im Fernsehen habe ich erfahren, dass es in Phuket mehr als 800 Tote gegeben haben soll«.
Für die Zukunft jedenfalls hat sich Elke Bastert vorgenommen, bei Fernreisen stets auch Kontaktadressen in der Heimat zu erfragen und festzuhalten. Von dem Lübbecker Ehepaar weiß sie, dass eine Tochter in Süddeutschland lebt. Sie kennt allerdings weder ihren Namen noch weiß sie ihre Anschrift.
Sicherlich gibt es hin und wieder Kunden, die es nach Thailand, Indonesien oder Sri Lanka zieht, weiß Dorothea Langfeld von Reisecenter Alltours in Pr. Oldendorf. Das sei jedoch eher die Ausnahme. Ihre Kundschaft bevorzuge mehr die klassischen Reiseländer wie Spanien, die Balearen, die Kanaren, aber auch Ägypten oder die Dominikanische Republik. Zumindest befindet sich derzeit niemand aus dem Kundenkreis des Reisebüros im Erdbebengebiet.
Eine größere Rolle spielt der asiatische Raum als Reiseziel für die Volksbank-Urlaubswelt, die in Holzhausen ein Büro unterhält. Jutta Krato ist jedoch froh, dass über die Feiertage niemand aus ihrem Kundenkreis dieses Ziel angesteuert hat. Für die Sommersaison gebe es jedoch schon einige Anfragen. Absolut verständlich, findet sie, denn das Preis-Leistungsverhältnis spreche im Hinblick auf den asiatischen Raum für sich. Zwar seien die Flüge etwas teurer, das Leben vor Ort jedoch überaus preiswert. Hinzu komme die paradiesische Unterwasserwelt beispielsweise auf den Malediven.
Auch die Kundschaft der Reiseagentur Struckmeier aus Schnathorst zieht es hin und wieder nach Fernost. »Sri Lanka oder die Malediven sind durchaus gefragt«, weiß Ingrid Struckmeier. Derzeit befinde sich jedoch niemand aus ihrem Kundenkreis dort.
Heinz Kropatscheck hat erst zum 1. Dezember das Reisecenter Hüllhorst von seiner Vorgängerin Heike Klein übernommen. Daher könne er auch nicht mit Gewissheit ausschließen, dass nicht jemand aus dem Kundenkreis von der Erdbebenkatastrophe betroffen sei. Beliebt sei dieser Raum durchaus, weiß er aus seiner langjährigen Erfahrung. Allerdings befürchtet er für die nahe Zukunft herbe Einbußen. Einerseits könne die touristische Infrastruktur nicht vorgehalten werden, durch das Erdbeben sei vieles zerstört worden, und andererseits hätten zahlreiche Kunden Sorge, in ein Urlaubsgebiet zu fliegen, das ganz aktuell von einem solch verheerenden Erdbeben heimgesucht worden sei.

Artikel vom 28.12.2004