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Die Liga ist sich einig:
Bestrafung war richtig

Machen lange Gesichter: Hamburgs Trainergespann Bob Hanning und Christian Fitzek.

Top-Manager wollen von fadem Beigeschmack nichts wissen

Hamburg (WB). Heinz Jacobsen geht mit Wirkung zum heutigen Tag von Bord. Neuer starker Mann beim krisengeschüttelten HSV Hamburg wird der Unternehmer und Klubförderer Andreas Rudolph (wir berichteten). Der Gummersbacher geht optimistisch an die gewiss nicht leichte Aufgabe heran: »Ich sehe eine Perspektive. Sonst hätte ich das Ganz nicht gemacht«, sagte Rudolph.

Gegen den Acht-Punkte-Abzug durch die HBL will Rudolph Berufung einlegen. »Noch sind uns die Punkte nicht abgezogen worden. Wir werden dagegen vorgehen«, sagte Rudolph. »Man darf nicht vergessen: Für die Misere war nur eine Person verantwortlich, und man darf nicht alle bestrafen.« Die »Misere« hat Winfried M. Klimek dem HSV eingebrockt. Der Geschäftsführer der hochverschuldeten Omni Sport, dem wirtschaftlichen Träger des Klubs, sitzt wegen des Verdachts des Betrugs und der Untreue in Untersuchungshaft.
In Hamburg werden zwei Modelle diskutiert: Entweder man kauft Klimek die Omni Sport ab. Oder: Der HSV trennt sich von der Omni Sport und finanziert den Spielbetrieb selbst. »Es gibt Möglichkeiten«, sagte Rudolph. »Die rechtlichen Schritte werden wir uns jetzt überlegen."
Wenn er mit seinem Optimismus da mal nicht auf dem Holzweg ist.
Von der sportlichen Abteilung des HSV wurde der Wechsel an der Klubspitze begeistert aufgenommen. »Die Mannschaft ist erleichtert. Wir sind froh, dass jetzt jemand das Heft in die Hand nimmt, der die Kontakte zur Wirtschaft hat«, sagte Trainer Bob Hanning. »Ich bin überzeugt, dass Andreas Rudolph gemeinsam mit Jürgen Hunke das Projekt in die richtige Richtung bringt.«
Genau das ist auch die Zielvorstellung Rudolphs, der nach vielen Wochen mit täglichen Horrormeldungen über den HSV Hamburg in absehbarer Zeit zur Tagesordnung zurückkehren will. »Wir wollen daran arbeiten, dass der Handball seinen hohen Stellenwert behält«, so Rudolph. »Wir wollen durch sportliche Leistungen in den Schlagzeilen stehen.«
Heinz Jacobsen nimmt seinen Hut beim HSV dem Vernehmen nach auf eigenen Wunsch, »weil der negative Stress der vergangenen Wochen nicht spurlos an mir vorübergegangen ist und ich Rücksicht auf meine Gesundheit und Familie nehmen muss und werde.« Seinem auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung noch zu bestätigenden Nachfolger traut der 64-jährige ehemalige Liga-Boss zu, den Klub »schnellstmöglich aus seiner schwierigen wirtschaftlichen Lage« herauszuführen. Als Berater wird Jacobsen dem Klub auf ausdrücklichen Wunsch des Vorstands und der Mannschaft aber weiterhin mit Rat und Tat zur Seite stehen.
Unterdessen reagiert die Liga mit Verständnis auf die Entscheidung des HBL-Vorstands. Von einem faden Beigeschmack im Titelrennen will Uwe Schwenker nichts wissen. »Hamburg spielt unter falschen Voraussetzungen oben mit«, sagt Kiels Manager. »Die Strafe ist im Rahmen des Sanktionskatalogs und die logische Konsequenz dessen, was vorgefallen ist. Da bleibt kein Nachgeschmack. Dieses Urteil war nicht anders zu erwarten.«
Ähnlich sieht es Flensburgs Manager Thorsten Storm, ebenfalls ein Hamburger Konkurrent im Titelrennen: »Aus einer schlechten Sache ist keine gute Lösung zu erwarten gewesen. Die Frage nach den sportlichen Konsequenzen ist nicht angebracht. Es mussten alleine die wirtschaftlichen Dinge betrachtet werden.«
Nicht nur die Titel-Konkurrenten äußerten sich positiv über die Entscheidung der Liga. Mindens Manager Horst Bredemeier erinnerte über die Probleme seines Klubs, der seit sieben Jahren daran arbeitet, einen Schuldenberg von 3,4 Millionen Mark abzutragen und sich dabei streng an die Auflagen der HBL hält. Für Bredemeier ist das Urteil richtig, da »Hamburg ja kein Ersttäter ist«, so der Ex-Bundestrainer. Im Juni 2001 waren dem Vorgänger SG Bad Schwartau für die Saison 2001/2002 vier Punkte abgezogen worden. Grund damals: Der Jahresabschluss der Schwartauer Handball 2002 GmbH und Co. KG zum 30. Juni 2000 sowie um notwendige Sicherheitserklärungen waren nicht eingereicht worden. Bredemeier: »Eine angemessene Strafe ist vollkommen richtig, wobei ich die Höhe nicht beurteilen kann. Von einem faden Beigeschmack für die Meisterschaft kann gar keine Rede sein.«

Artikel vom 29.12.2004