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Unterhaltsames aus dem wahren Leben

Horst Hartmann schreibt Kurzgeschichten für die nachfolgenden Generationen auf

Von Felix Quebbemann
Rahden (WB). Das Geräusch ist den jüngeren Menschen wohl schon kaum noch bekannt. Die Buchstaben werden per Schreibmaschine auf das schneeweiße Blatt gedruckt. Klack, klack, klack macht es. Alles geht mechanisch. Einen Computer gibt es nicht.

An der Schreibmaschine sitzt Horst Hartmann und bringt eine Weihnachtsgeschichte zu Papier. Darin geht es um Stefan, der eigentlich gerne Tennis spielen möchte. Doch wie es eben im Leben ist, hindert eine kleine Vorschrift Stefan daran, den Sport auszuüben: Da muss pünktlich zu Weihnachten ein »Wunder« her.
Während Horstmann die Geschichte tippt, schauen seine Augen immer aufmerksam durch die Lesebrille. Der 66-jährige Rentner geht im Schreiben seiner Erzählungen, die immer aus dem Leben gegriffen sind, auf. »Nichts davon ist erdacht«, erzählt Hartmann, der vor einem Jahr mit seiner Frau Edith aus Destel nach Rahden gezogen ist.
Viele Ereignisse ergäben sich aus der Familie heraus. Schließlich hat der 66-Jährige vier Söhne und bereits fünf Enkelkinder. Da ist schon richtig etwas los.
Etwa 15 Kurzgeschichten sind bereits in seiner Mappe gesammelt. Immer wenn ein besonderes Ereignis ansteht, setzt sich Horst Hartmann an seine Schreibmaschine, denn aus seinem Fundus an Erinnerungen weiß er noch so manch interessante Begebenheit aufzuschreiben.
Und er ermutigt auch andere Menschen dazu. »Ich will etwas festhalten, damit auch die nachfolgende Generation es immer wieder nachlesen kann.« Schließlich werde auch viel vergessen. Was man jedoch schwarz auf weiß vor sich liegen habe, bleibe erhalten.
Horstmann findet es auch sehr bedauerlich, dass das Briefe Schreiben für viele an Reiz verloren hat. Denn das geschriebene Wort habe auch heute nach wie vor eine große Bedeutung. Dass er sich schon bald wieder an seine Schreibmaschine setzt, steht außer Frage. Denn er hat schon eine Idee für eine Neujahrs-Geschichte. Zudem steht auch noch ein weiteres großes Projekt an. Der 66-Jährige will die Geschichte seiner Familie dokumentieren, die am Ende des Zweiten Weltkrieges aus Schlesien fliehen musste. »Die Idee ist schon gereift.« Doch so etwas will natürlich gut vorbereitet sein.
Aber wie ist es denn jetzt eigentlich dem kleinen Stefan ergangen? Hier nun die Geschichte von Horst Hartmann mit dem Titel: »Als der Weihnachtsmann zu Stefan kam«:
Schon längere Zeit liegt es zurück - dieses Ereignis - doch heute will ich Euch diese Geschichte erzählen. Viele kennen den Stefan. Er ist bestimmt kein Kind von Traurigkeit. Er teilt aus - in Worten -Êund muss auch eine Menge einstecken. Überall, wo sich ein Ball bewegt, möchte er mitmischen, egal in welcher Sportart. Wo ein Ball ist, da ist auch Stefan.
Und da gibt es ja auch Tennis, mal draußen, mal drinnen, je nach Jahreszeit. Doch muss man auch spezielles Schuhwerk haben, fast für jede Sportart andere Turnschuhe - für Fußball (draußen und in der Halle), für Radball (na, das war wohl einmal), für Tischtennis (kann man auch in Samba-Schuhen erledigen) und dann auch Tennis. Für draußen sind Schuhe da, aber für die Halle?
Stefan hatte von einem Bekannten eine Spielstunde in der Halle geschenkt bekommen und wollte mit einem Freund diese Stunde nutzen. Aber welche Turnschuhe anziehen? Welche Sohle es sein musste, war schon bekannt, aber leider nicht da.
Also wurden die Sohlen gewählt, die den Anforderungen am nächsten kamen, und so ging es in die Tennishalle. Das Spiel der beiden lief schon, als der Hallenwart kam. Er sah Stefans Schuhwerk und schickte den Jungen aus der Halle. Da fühlte sich Stefan in seiner Ehre gekränkt und die Tränen flossen.
Diesen Vorgang beobachteten auch einige Tennisdamen und versuchten, Stefan zu trösten. Der fuhr nach Hause und erzählte seinem Vater von dem »Rausschmiss«. Schon am nächsten Tag rief eine der Tennisdamen bei Stefan an und erkundigte sich nach seiner Schuhgröße -Êman wolle doch mal rumhorchen, ob nicht irgendwo gebrauchte oder ausrangierte Tennisschuhe für die Halle herumstehen, die er dann haben könne.
Es war Weihnachten und am Heiligabend kam vormittags ein bekannter Tenniscrack, der richtig in einer Mannschaft spielt, vorbei, und brachte ein Päckchen für Stefan, das wohl der Weihnachtsmann bei ihm abgegeben hatte. Stefan öffnete das Geschenk, bis abends konnte er schließlich nicht warten. Und was war drin? Es ist leicht zu erraten -Êein Paar neue, weiße, mit richtig glatter Sohle ausgestattete Hallen-Tennisschuhe. Stefan konnte nur noch sagen: »Guckt mal hier, was ich habe,« und musste schon wieder weinen. Der Grund war jetzt aber ein anderer.

Artikel vom 24.12.2004