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Stadtmauer
rückt wieder in
den Schatten

Licht-Installation wird abgeschaltet

Paderborn (WV). Länger als ein Jahr haben sie das Stadtbild Paderborns mit geprägt, jetzt gehen an den sieben Türmen der Stadtmauer die Lichter aus: Am Dienstag, 28. Dezember, endet das Projekt »Sieben Türme - sieben Lichter«.

Die Finissage beginnt um 18 Uhr vor der Paderhalle. Von dort startet der letzte Rundgang unter sachkundiger Führung, zu dem Bürgermeister Heinz Paus alle Bürgerinnen und Bürger einlädt. Turm für Turm wird ein letztes Mal vorgestellt, dann werden die Lichter ausgeschaltet. Zum Abschluss gibt es einen kleinen Umtrunk.
Wie können historische, von den Menschen kaum noch wahrgenommene Türme in einer zum größten Teil zerstörten und fast völlig vergessenen Stadtmauer so in Szene gesetzt werden, dass sie wieder neu entdeckt werden? Diese Frage hatten sich acht renommierte europäische Künstler, darunter der französische Weltstar Francois Morellet, gemeinsam mit dem Kurator Prof. Gerhard Auer (Universität Braunschweig) und der Stadt Paderborn gestellt und auf eigenwillige Art beantwortet. Das Ergebnis ist das Paderborner Lichtszenario »Sieben Türme - sieben Lichter«, das seit dem 20. November 2003 täglich nach Einbruch der Dunkelheit bis in die frühen Morgenstunden zu bewundern ist.
Leitidee des Konzepts ist die Wiedererweckung eines verschwundenen Stadtmerkmals. Die Wahl fiel auf die Stadtmauer als Musterbeispiel einer architektonischen Großform, die nur noch in wenigen Resten vorhanden ist, gleichwohl aber weiter existiert. Beispielsweise auf dem Stadtgrundriss, auf Stichen oder in den Restmauerstücken. Die künstlerische Herausforderung war es, die Bedeutung dieses Symbols wiederherzustellen und sichtbar zu machen.
Francois Morellet hat den Maspernturm mit 1,60 Meter langen, mit reinem Neongas gefüllten roten Leuchtstäben, die in bestimmten Sequenzen leuchten, zum Kunstwerk »plus ou moins« (mehr oder weniger) gemacht. Sein französischer Landsmann Michel Verjux, Lehrbeauftragter an der Pariser Sorbonne, will »mit Licht Ereignisse stiften« und demonstriert das am Liboriturm. Das Künstler-Duo Charly Steiger und Achim Wollscheid aus Frankfurt hat dem Kasseler Turm mit einer Licht-Ton-Installation Leben gegeben, Vollrad Kutscher (Frankfurt) lässt über dem Franziskaner-Turm einen farbigen Licht-Engel flattern. Hans Peter Kuhn durchstößt den Körper des Heiersturms mit Leuchtnadeln, Jakob Mattner (Berlin) macht bewusst, dass in den Busdorfturm nach den Menschen jetzt ein neuer Bewohner eingezogen ist - ein mittlerweile jahrzehntealter Baum. Und Daniel Hausig bietet aus seinem Glashaus auf Stelzen einen völlig neuen Blick auf den steinernen Hopheiturm.
Für Paderborns Bürgermeister Heinz Paus ist das Lichtszenario »im wahrsten Sinne des Wortes ein Highlight für die Kunst- und Kulturstadt Paderborn.« Die Stadt beteiligt sich mit 30 000 Euro an der spektakulären Aktion, den größten Anteil der Kosten von fast 300 000 Euro tragen das Land NRW, der Hauptsponsor EON Westfalen-Weser sowie weitere Förderer.
Dass es entlang der Paderborner Stadtmauer künftig aus künstlerischer Sicht nicht wieder zappenduster wird, darum bemüht sich derzeit der Verein »Lichttürme«. Er versucht seit einigen Wochen, Spendengelder einzuwerben, um zumindest eine der beiden Lichtinstallationen am Maspernplatz dauerhaft zu erhalten. Mehrere tausend Euro seien bereits auf dem Spendenkonto eingegangen oder in Aussicht gestellt worden, erläuterte am Donnerstag der stellvertretende Vorsitzende Christian Hage. So gebe es beispielsweise allein von der Paderborner Bürgerstiftung die Zusage über eine Spendensumme von 5000 Euro. Bei der Finissage will der Verein noch einmal kräftig die Werbetrommel für seine Ziele rühren.
Die Spenden sind bitter nötig. Über die Projektkosten bezahlt sind nämlich nur Idee und Ausführung des auf ein Jahr beschränkten Kunstspektakels. Um die Objekte dauerhaft leuchten zu lassen, müssten die Arbeiten der Künstler angekauft werden. Der Franzose Morellet hat signalisiert, seine Arbeit »plus ou moins« am Maspernturm für 33 000 Euro abzugeben, Hans Peter Kuhn wäre schon für 25 000 Euro zum Verkauf der Arbeit am Heiersturm bereit.
Der Kulturausschuss der Stadt Paderborn hat grundsätzlich seine Unterstützung für den teilweisen Erhalt der Lichtinstallation zugesagt. Städtische Gelder für den Ankauf dürften aber wohl nicht zur Verfügung stehen. Rein ideelller Natur ist auch der Rückenwind aus Düsseldorf: NRW-Kulturminister Michael Vesper wünschte dem Verein brieflich viel Erfolg.

Artikel vom 24.12.2004