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Befreiung ungültig

Apothekenkunden brauchen neue Bescheinigung

Bad Oeynhausen (WB). Wenn Apotheker Peter Czellnik, Sprecher der Apothekerschaft im Kreis Minden-Lübbecke, auf das Thema Arzneimittelzuzahlungen zu sprechen kommt, fühlt er sich an den Sketch »Dinner for one« erinnert, der am Jahresausklang regelmäßig über den Bildschirm flimmert. Das geflügelte Wort von der »gleichen Prozedur wie in jedem Jahr« trifft auch auf alle Patienten zu, die sich von der Zuzahlung befreien lassen müssen. »Mit dem Jahreswechsel verlieren wiederum sämtliche Zuzahlungsbefreiungen ihre Gültigkeit und müssen neu beantragt werden«, erläutert Apotheker Peter Czellnik.

Ein Blick zurück: Seit In-Kraft-Treten der Gesundheitsreform zum 1. Januar 2004 müssen alle Patienten so lange Zuzahlungen in der Apotheke, beim Arzt und im Krankenhaus leisten, bis die Gesamtsumme von zwei Prozent des Bruttoeinkommens erreicht hat. Für chronische Kranke - zum Beispiel Diabetiker und Asthmatiker - gilt ein Wert von einem Prozent. Erst mit Erreichen dieser Summe stellt die Krankenkasse für den Rest des Kalenderjahres eine Zuzahlungsbefreiung aus.
»Es steht außer Frage, dass die Kassen von den erhöhten Zuzahlungen und der sinkenden Befreiungsquote profitieren«, so Apotheker Peter Czellnik. »Allerdings müssen sie nunmehr jährlich 20 Millionen Befreiungsanträge neu bearbeiten und somit einen noch höheren Verwaltungsaufwand betreiben.« In den letzen Wochen des Jahres hat Czellnik zudem ein ganz neues Phänomen beobachtet - das so genannte »Dezemberfieber«: »Viele Patienten nutzen die Gelegenheit, vor Auslaufen ihrer Befreiung, noch einmal den Arzt aufzusuchen oder sich mit Arzneimitteln über mehrere Monate zu bevorraten.«
Wie schon im Vorjahr raten die Apotheker in Minden-Lübbecke dringend dazu, sämtliche Belege über gezahlte Zuzahlungen in der Apotheke, beim Arzt und im Krankenhaus zu sammeln und sorgfältig aufzubewahren. Peter Czellnik: »Sobald sich die Summe der Zuzahlungen wieder den gesetzlich fest gelegten Obergrenzen nähert, sollte man sich unbedingt an seine Krankenkasse wenden.« Die Kassen sind dazu verpflichtet, kostenlos über die Befreiungstatbestände zu beraten. Czellnik stellt klar, dass die Apotheken gesetzlich dazu verpflichtet sind, die Zuzahlungen der Kunden einzuziehen und in voller Höhe mit der jeweiligen Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu verrechnen: »Die Zuzahlungen erhöhen nicht unser Einkommen, sondern dienen ausschließlich dazu, die Ausgaben der GKV zu senken.«
Eine Ausnahme gilt ab dem Jahr 2005 für Heimbewohner, die Sozialhilfe beziehen. Sie sind vom Jahresbeginn an von direkten Zuzahlungen befreit. »Wir sind froh, dass das Bundesgesundheitsministeriun damit den Anregungen unter anderem aus der Apothekerschaft gefolgt ist, in denen wir auf die gravierenden Auswirkungen einer jeweils zu Jahresbeginn sehr hohen Belastung für Heimbewohner hingewiesen haben«, erläutert Apotheker Peter Czellnik.
Wie sieht diese Neuregelung aus? Die Heimbewohner erhalten von ihrem Sozialhilfeträger ein Darlehen in Höhe des maximalen Zuzahlungsbetrages von 41,40 Euro. Dieses Darlehen wird anschließend ratenweise von ihrem Taschengeld abgezogen.

Artikel vom 03.01.2005