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Vom Wunsch nach Frieden beseelt

Gelebter Pastoralverbund: Jeden Mittwoch kommen Gläubige zur Meditation zusammen

Von Manfred Köhler
Verl-Kaunitz (WB). Aus einer spontanen Initiative als Reaktion auf den Terroranschlag am 11. September 2001 in New York geboren, gehört das Friedensgebet heute fest zum Gemeindeleben in Kaunitz. Und es verbindet Gläubige aus dem gesamten Pastoralverbund.

Jeden Mittwoch um 19.15 Uhr kommen sie zu einer besinnlichen halben Stunde in der St. Marienkirche zusammen. Und sie kommen sehr gern und fühlen sich wohl - wie etwa Maria Hemschemeier aus Verl oder die Kaunitzer Küsterin Gisela Wendt. Beide sind sich einig: »Es ist eine ganz besondere, sehr harmonische Atmosphäre.« Und in der Tat: Ruhe, Friede und Gelassenheit breiten sich aus, wenn die meist 20 bis 30 Gläubigen in den vorderen Bänken des Gotteshauses Platz genommen haben. »Es kommen mehr als in den Werktagsmessen«, vergleicht die Küsterin die Resonanz und fügt hinzu: »Und eigentlich kommen auch in der Regel immer die gleichen Menschen.« Das war nicht immer so.
Das Interesse war anfangs sehr gering, wie sich der harte Kern erinnert, zu dem Gisela Wendt und Maria Hemschemeier gehören. Am Sonntag nach dem großen Schock des Terroranschlags vom 11. September kamen auf Anregung von Pastor Joachim Cruse erstmals Gläubige zum Friedensgebet in der Pfarrkirche St. Maria Immaculata zusammen. Danach sah es nicht so aus, als werde daraus ein regelmäßiges Treffen. Maria Hemschemeier erinnert sich: »Viele waren erstaunt und verunsichert, weil sie aufgerufen waren, sich zu melden und die Friedensgebete zu gestalten. Sie wussten nicht so recht, was da auf sie zukommt.«
Doch die anfängliche Skepsis verwandelte sich bald in Begeisterung und die Liste derjenigen, die die Gestaltung übernehmen wollten, wurde immer länger. Bald konnte Pastor Cruse seine Rolle als Motor der Initiative aufgeben (»Warum soll immer der Pfarrer alles machen?«) und seine Mitarbeit auf einzelne Gebetstreffen beschränken.
Besonders engagiert ist die Frauengemeinschaft Kaunitz, aber auch die kfd-Vorstände aus Verl und Sürenheide sind aktiv. Es gibt aber auch Familien und einzelne Gemeindemitglieder, wie etwa Diakon Arthur Springfeld aus Sürenheide oder der Lehrer Heinz Tewes aus Verl, die sich einbringen, Lieder und Texte auswählen, kleine Geschichten vortragen. Ob selbst Erdachtes, meditativer Tanz, Gedichte oder Bibeltexte: Wie er das Friedensgebet gestalten möchte, das kann sich jeder frei aussuchen. »Und keiner, der sich mal trauen möchte, muss befürchten, ins kalte Wasser geworfen zu werden«, sagt die Küsterin. Es gebe eine ganze Menge guter Vorlagen. »In der Sakristei liegen Bücher bereit und es gibt konkrete Beispiele von Gemeindemitgliedern, die ein Friedensgebet gestaltet haben«, so Gisela Wendt, die immer auch Ansprechpartnerin für interessierte Menschen ist.
Wie auch Sylvia Vredenburg, die Vorsitzende der Frauengemeinschaft Kaunitz. Sie engagiert sich sehr, um immer wieder in allen Gemeinden auf die Gebetstreffen aufmerksam zu machen, und ist mit der Kaunitzer kfd die treibende Kraft der Initiative. Ihre Erfahrungen sind gut: »Wir leben den Pastoralverbund und das schlägt sich auch auf das Friedensgebet nieder«, freut sie sich. Auch die Uhrzeit (der Chor probt unmittelbar nach dem Friedensgebet) sei sehr günstig. Die besondere Anziehungskraft der Gebetsstunde sieht Sylvia Vredenburg in der sehr persönlichen Gestaltung, frei von einer vorgegebenen Form. »Da können sich auch die Menschen wohlfühlen und einen neuen Zugang finden, die den Draht zur normalen Messe oder Andacht verloren haben.«
Das Friedensgebet wird auch während der Sanierung des Innenraums der Kirche zur gewohnten Zeit stattfinden. Wenn Mitte Januar die Handwerker die Gerüste aufbauen, zieht der Gebetskreis in die Friedhofskapelle um.

Artikel vom 24.12.2004