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Weiß warnt, Mrugalla hofft
und Gellhaus muss zittern

Verbandsliga in der Winterpause

Von Peter Klute
und Elmar Neumann
Kreis Paderborn (WV). Das verspricht eine höchst unterhaltsame Verbandsliga-Rückserie zu werden. Mit dem Hövelhofer SV und dem SC Delbrück klopfen gleich zwei heimische Vertreter an das Tor zur Fußball-Oberliga, derweil sich die SCP-Reserve auf den Abstiegskampf einstellen darf.

Hövelhofer SV
Wer hätte das vor Beginn dieser Saison für möglich gehalten: Nach der Hinrunde hat sich ausgerechnet aus dem Beinahe-Absteiger Hövelhofer SV ein Titelkandidat entwickelt. Tabellenzweiter, zuhause als einziges Team der Liga ungeschlagen - diese beeindruckende Zwischen-Bilanz kommt nicht nur für Spielertrainer Stefan Weiß komplett unerwartet. Im Januar fast pleite, ist urplötzlich die Oberliga wieder ein Thema und das nicht ohne Grund. Gerade in punkto Neuzugänge bewiesen die Hövelhofer Verantwortlichen in diesem Jahr ein ausgesprochen glückliches Händchen. Rückkehrer Nico Schniedermann und Ivan Kandic sorgen für reichlich Stabilität in der Defensive, Martin Simov und Björn Pähler setzen im Mittelfeld entscheidende Akzente.
Zwei der überragenden Kicker aber waren auch schon in der vergangenen Zitter-Saison für den HSV am Ball. »Murat Kaplan mit seinen zwölf Toren und Mark Kespohl, der schon manchen Sieg fest gehalten hat, ragen natürlich etwas heraus«, gibt Weiß zu.
Nach einer solch bemerkenswerten Hinrunde kann der Hövelhofer Übungsleiter gar nicht anders, als reichlich Lob zu verteilen, doch der 32-Jährige weiß natürlich auch, dass zu viel Euphorie unangebracht ist. Der Auftakt ins Jahr 2004 sollte Warnung genug sein. Als vermeintlich ungefährdeter Neunter aus der Winterpause gekommen, leistete sich der Ex-Viertligist acht sieglose Spiele (sieben Niederlagen) in Serie und war erst am letzten Spieltag in der Lage, den Rettungsfallschirm zu öffnen. »Das zeigt, wie wichtig es ist, in der Vorbereitung konzentriert zu arbeiten. Die Liga ist so ausgeglichen besetzt, dass man sich keine längere Schwächephase erlauben kann, ohne gewaltig an Boden zu verlieren«, sagt Weiß. Den Saison-Rest wird der HSV übrigens mit einem leicht veränderten Gesicht angehen. Während Sascha Trienens den Liga-Zweiten endlich verstärken darf, wird Etem Baltaci (Marienfeld) den Verein bereits wieder verlassen. Weitere Abgänge sind nicht ausgeschlossen, wie der Trainer vermutet: »Da wir bis auf wenige Ausnahmen immer derselben Elf vertraut haben, sind natürlich einige mit ihrer Situation unzufrieden.«
SC Delbrück
»Die Meisterschaft führt nur über den SC Delbrück«, waren sich die Trainer Markus Gellhaus (SC Paderborn 07 II) und Stefan Weiß (Hövelhofer SV) vor dem ersten Spieltag einig. Nach zwei zehnten und einem neunten Platz rüstete der DSC vor seiner vierten Verbandsliga-Saison kräftig auf und galt als Top-Favorit auf den Aufstieg. Der neue Trainer Roger Schmidt lockte sechs Neuzugänge aus der Verbands-, Ober- und Regionalliga an den Laumeskamp. Die Vorschusslorbeeren waren riesig, der Frust nach dem Saisonauftakt ebenso. Das 1:2 daheim gegen den SC Herford war wie ein Schock, von dem sich die Delbrücker lange nicht erholten. Nach fünf Spielen und der 1:2-Derbyschlappe gegen Hövelhof belegten sie mit nur vier Punkten Rang zwölf, elf Punkte hinter der Spitze. Die höherklassigen Spieler hatten die Liga augenscheinlich unterschätzt, dazu kamen Verletzungssorgen. Dominik Hansjürgen absolvierte erst in den letzten beiden Hinrundenpartien seine ersten zwei Kurzeinsätze, Steven Downes und Alex Cirivello sind mit Kreuzbandrissen außer Gefecht, Michael Radtke und Javier Lombardia fielen immer wieder aus. »Aufgrund unseres kleinen Kaders konnte ich schon in der Vorbereitung kaum wechseln und angeschlagene Spieler konnten ihre Verletzungen nie richtig auskurieren«, meinte Schmidt. »Ein Teufelskreis«, pflichtet Kapitän Markus Mrugalla dem Coach bei. So tauschte Co-Trainer Wilfried Neuschäfer seinen Platz auf der Bank gegen den auf dem Rasen.
Auch dank ihm bekam der DSC die Kurve. Zehn Spiele in Folge wurden nicht verloren, jetzt steht Platz vier zu Buche, der Rückstand auf Tabellenführer SuS Stadtlohn beträgt nur noch sechs Zähler. »Wenn man die Hinrunde im Paket sieht, können wir zufrieden sein. Die Ansprüche waren hoch, doch die Realität sah zunächst anders aus. Auch wenn wir nicht immer Top-Leistungen gebracht haben, ist es uns gelungen, uns nach oben zu kämpfen. Die neue Mannschaft hat sich weiter entwickelt und dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen. Das macht Hoffnung für die Rückrunde«, so Mrugalla.
Auch die Tatsache, dass es in dieser Saison keine Übermannschaft in der Verbandsliga gibt, sorgt für Delbrücker Optimismus, am Ende doch noch ganz oben stehen zu können. »Allerdings«, räumt Mrugalla ein, »ist die Klasse sehr ausgeglichen. Da geht kein Spiel leicht von der Hand«.
Neben vielen Pechvögeln aufgrund von Verletzungen hatte die Hinrunde aus DSC-Sicht auch zwei Gewinner: Die Youngster Stefan Schwanebeck und Andrej Kostylev nutzten den personellen Engpass und haben sich zu Stammspielern gemausert. »Ich kannte beide nicht, sie haben mich voll überzeugt«, lobt der Kapitän. In die Fußstapfen Schwanebecks und Kostylevs soll der 18-jährige Stürmer Manuel Eckel treten, der in der Winterpause vom A-Ligisten TuRa Elsen kommt.
SC Paderborn II
»Für uns kommt die Winterpause einige Wochen zu spät.« Für Markus Gellhaus, Trainer der Reserve des SC Paderborn 07, war das Ende der Hinrunde eine Erlösung. Die Negativserie fand mit dem 0:4 gegen den SC Delbrück ihren unrühmlichen Höhepunkt, gerade ein Pünktchen holte der SCP in den letzten sechs Spielen. Dabei hatte die Saison so gut begonnen. Nach dem 3:2 über den Hövelhofer SV standen die Gellhaus-Mannen nach dem neunten Spieltag mit 15 Zählern auf Platz fünf. Da, wo sie auch die vergangene (zweite) Verbandsliga-Spielzeit abgeschlossen hatten. Damals wies das Paderborner Konto nach den ersten zwölf Partien nur sechs Punkte auf, am Ende waren es 46. 33 davon wurden in der Rückrunde gesammelt, genau so viele wie Meister SF Lotte. 13 Begegnungen blieb der SCP ohne Niederlage.
Die laufende Runde läuft genau entgegen gesetzt, überraschend ist das für Gellhaus aber nicht wirklich: »Es ist genau das eingetreten, was wir vor der Saison erwartet haben. Uns war klar, dass es für uns nur darum gehen kann, die Klasse zu halten.« Mit Tabellenplatz zwölf und nur einen Punkt von einem Abstiegsplatz entfernt hat seine Mannschaft die Erwartungen demnach erfüllt. Aufgrund der negativen Entwicklung aber ist die Enttäuschung natürlich da. »In den ersten Wochen haben wir phasenweise über unsere Verhältnisse gespielt. Das konnte nicht so weiter gehen, zumal Formschwankungen bei so einer jungen Mannschaft normal sind. Aber dass wir anschließend über Wochen unserer Form hinterher laufen, ist schon bitter«, so der Coach.
Dabei spielten auch Verletzungen eine große Rolle. Florian Fulland (Mittelfußbruch) ist seit mehr als einem Jahr außer Gefecht und bis zum Sommer auch kein Thema mehr. Zudem fielen Patrick Pfeng und Edmund Riemer monatelang aus, während Farhad Rajab (USA) den Verein verließ. »Ich musste von Vierer- auf Dreierkette umstellen, weil ich kein Personal hatte«, betont Gellhaus. In der Rückrunde werden Daniel Heinz (Ziel unbekannt), Emre Coban (Nieheim-Holzhausen) und Yilmaz Yalcin (Suryoye Paderborn) nicht mehr zur Verfügung stehen, in Mike Lehnberg (Arminia Hannover) gibt es einen Neuzugang. Die Ausbildung der Spieler ist wichtig, der Klassenerhalt steht über allem. Deshalb sagt Gellhaus: »Wir werden der Mannschaft die Chance geben, sich selbst zu retten. Sollte das nicht gelingen, werden wir wie in der Hinrunde der abgelaufenen Serie Hilfe aus der Regionalliga in Anspruch nehmen. Denn sollte die erste Mannschaft in die zweite Bundesliga aufsteigen, wollen wir mit der Zweiten in die Oberliga nachziehen. Das aus der Landesliga anzustreben, macht keinen Sinn.«

Artikel vom 24.12.2004