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Grundgesetz: »Anständig sein und helfen«

Julius Meyer zu Theenhausen wird heute 90 Jahre alt - Gefragter Landwirt und CDU-Politiker

Von Stefan Küppers
Werther-Theenhausen (WB). Mit Julius Meyer zu Theenhausen vollendet am heutigen Montag ein Mann sein 90. Lebensjahr, der in Theenhausen und Werther, im Altkreis Halle und weit darüber hinaus Spuren hinterlassen hat. Ob als Interessenvertreter in landwirtschaftlichen Verbänden oder CDU-Politiker hat der Theenhausener in einem bewegten Leben viel erreicht, gerade auch für andere Menschen.

1914 als Ältester auf einem der ganz alten Höfe der Region geboren wurde das Leben des jungen Julius von einem strengen Vater, einer gläubigen Mutter und viel Arbeit geprägt. Und dass er schon damals einen »Schuss Ehrgeiz« besaß, bewies Julius Meyer zu Theenhausen als junger Landwirtschaftsschüler, als er in einem Berufswettkampf Kreissieger wurde. Wohlgemerkt: Der Ausbildung hatte er nicht so intensiv folgen können wie seine Mitschüler, weil er vormittags immer noch Milch ausfahren musste und so erst zu den letzten Schulstunden zu seinen Freunden stieß.
Prägend waren auch die folgenden Jahren, die vom Kriegsgeschehen bestimmt waren. Den Weltkrieg hat er vom Beginn an bis zum bitteren Ende an vielen Fronten als Soldat durchstehen müssen. Zum Ende hin war er Kommandeur im Range eines Majors und viele Erlebnisse von damals sind auch mit 90 Jahren noch präsent. Die amerikanische Kriegsgefangenschaft konnte er auf wenige Monate beschränken. Als Landwirt wurde man damals besonders gebraucht.
Die Nachkriegsjahre waren aber nicht nur von harter Arbeit auf dem Hof, sondern auch von erstem ehrenamtlichen Engagement gekennzeichnet. Später wurde ihm eine Vielzahl von Aufgaben angetragen und anvertraut.
Doch der Anfang wurde Ende 1945 gemacht, als ein Landwirtschaftlicher Ortsverein neu aufgebaut werden sollte und er um die Aufgabe des Schriftführers gebeten wurde. »Es waren damals ja nur wenig Männer da«, erinnert er sich. Doch dem ehemaligen Major wurde offenbar einiges zugetraut und so wurde er 1946 gleich zum stellvertretenden Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes gewählt.
Und es kamen immer mehr öffentliche Aufgaben. Als die vielen Flüchtlinge auch in Theenhausen untergebracht werden mussten, war er dafür verantwortlich. Beliebt machte man sich mit den Wohnungszuweisungen nicht. Doch darauf kam es nicht an. Julius Meyer zu Theenhausen machte das, was er für richtig und wichtig erachtete, »Anständig sein, anderen helfen.« Diese Maximen der christlichen Erziehung seiner Mutter waren und sind für ihn eine Art Grundgesetz.
Mit dieser Einstellung kam Julius Meyer zu Theenhausen auch in die Politik. Aus Theenhausen wurde ein neuer Mann für den CDU-Kreisverband gesucht. Und schon 1949 wurde er zum stellvertretenden Kreisvorsitzenden gewählt, rückte wenig später dann an die Spitze. Als ihn sein Parteifreund und Nachfolger Fritz Ostmeyer mal fragte, wo eigentlich sein Parteibuch sei, fiel erst auf, dass er dies über lange Jahre gar nicht besessen hatte. Vor lauter ehrenamtlicher Arbeit für die CDU, hatte er den Parteieintritt glatt vergessen.
»In erster Linie
immer ein Bauer«
Als er einmal sogar für eine Bundestagskandidatur im Gespräch war, lehnte Julius Meyer zu Theenhausen ab. »Mit den vielen Vollakademikern hätte ich wohl nicht mithalten können. In erster Linie war ich immer Bauer.« Und unter den Landwirten genoss und genießt er höchstes Ansehen, wurde in die ganz hohen Ehrenämter gewählt (siehe Extra-Kasten). Wenn er sich die Lage in der deutschen Landwirtschaft heute beguckt, ist er bestimmt nicht glücklich. Aber sehr realistisch. »Mit der Einbindung in den Welthandel wird es nur ein Bruchteil der Betriebe hier schaffen, weil die Größen- und Arbeitsverhältnisse so ungleich sind.«
Als Tochter Sigrid und Schwiegersohn Joachim den Hof vor Jahren auf ökologische Landwirtschaft umstellten, war er zunächst skeptisch. Das hat sich mittlerweile geändert. »Auch, weil wir so zahlreiche gute Mitarbeiter haben.«
Apropos Mitarbeit. Julius Meyer zu Theenhausen und seine Frau Elli helfen trotz mancher Altersbeschwerden immer noch gerne mit. Und wenn der passionierte Jäger jetzt auch nicht mehr jagen kann, so lässt er sich das Obstpflücken auch im hohen Alter nicht nehmen. Angegurtet ging es bei der letzten Ernte noch hoch auf die Leiter, wurden mehrere Zentner Kirschen, Zwetschgen, Äpfel und Birnen gepflückt. »Das ist keine Arbeit«, sagt der Jubilar. »Ich bin einfach dankbar, dass es mir so gut geht.«

Artikel vom 27.12.2004