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Und die böse
Hexe landet im
Suppentopf

Märchen-Theater im Burgsaal

Wewelsburg (eB). Das Licht ist gedämpft und es ist mucksmäuschen still. Ein süßlicher Geruch nach frischen Waffeln umhüllt die Besucher, die den großen Saal der Burg füllen. Doch das alles scheint nur Nebensache, denn die Augen der weit über hundert Kinder blicken gebannt in nur eine Richtung -Êauf das was sich vor ihnen abspielt.

Vorne, das ist da, wo Hiltrud Vorberg-Beck in ihrem Element ist. Mit Puppen, die fast genau so groß sind wie die Kinder, die vor ihr hocken, hantiert sie geschickt, spricht für sie und versteht es dabei blendend, ihre kleinen Gäste in das Geschehen mit einzubeziehen.
»Hänsel und Gretel« steht auf dem Plakat, das an der Museumseingangstür auf die Veranstaltung hinweist, die gerade im Burgsaal stattfindet. Mit Unterstützung seines Fördervereins hatte das Kreismuseum Wewelsburg das Figurentheater »Petit Bec« aus Wetter an der Ruhr zu einer Märchenaufführung im Burgsaal der Wewelsburg verpflichten können.
Die Sozialpädagogin und Lehrerin Hiltrud Vorberg-Beck, die vor 18 Jahren ihre Lehrertätigkeit an den Nagel hing, um sich ganz ihren Figuren widmen zu können, genießt es offensichtlich, mit ihrem Ensemble durch die Lande zu reisen und den Menschen die Märchen der Gebrüder Grimm und die von Hans Christian Andersen näher zu bringen. Mittler sind dabei ihre weichen, teilweise lebensgroßen und selbsthergestellten Textilfiguren.
»Kinder sind das kritischste Publikum, da sie ehrlich sind und sofort kundtun, was ihnen gefällt oder nicht; so entwickelt sich jede Inszenierung mit jedem Spiel weiter- doch das Märchen bleibt wie es geschrieben ist«, beschreibt die Puppenspielerin ihre jahrlangen Erfahrungen.
Alles ist
Handarbeit
Figuren, Kulissen und Requisiten werden in der hauseigenen Werkstatt hergestellt, wobei Hiltrud Vorberg-Beck die Näh- und Gestaltungsarbeiten selbst übernimmt.
Jeweils 45 Minuten dauert eine Aufführung. »Eine längere Spielzeit würde die Kinder überfordern, denn sie identifizieren sich mit den Figuren«, so ihre Erkenntnis. Neben dem Vermitteln von den alten Märchen sieht Hiltrud Vorberg-Beck in ihrer Tätigkeit auch wichtige pädagogische Faktoren. »Oftmals ist den Kleinen noch gar nicht der Unterschied zwischen Gut und Böse bewusst und um das zu verdeutlichen, können Märchen sehr hilfreich sein«, ist sie überzeugt. Dabei versteht sie es auch hervorragend, die ganz harten Situationen geschickt zu entschärfen. So landete etwa die böse Hexe bei der Hänsel und Gretel Aufführung nicht im glühenden Backofen sondern im Suppentopf. Um Nerven und Magen nach der Aufführung zu beruhigen, konnten die Kleinen und Großen sowohl vom Lebkuchenhaus der Hexe naschen, Wewelsburger Lebkuchenherzen kosten oder frische Waffeln aus der Waffelküche im Turmzimmer ordern.
In Wewelsburg gastierte Hiltrud Vorberg-Beck mit den beiden Grimm Märchen Frau Holle und Hänsel und Greten jedes Mal vor ausverkauftem Haus.

Artikel vom 30.12.2004