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Stadt liefert Pass bis an die Haustür

Amt hat zwei Männer für alle Fälle

Von Claus Brand (Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). Jeder Arbeitstag ist für den Dehmer Rolf Brinkheinrich anders. Mit welchen Problemen er sich im Laufe einer Woche konfrontiert sieht, davon ahnt er montags noch nichts. Mit dem Wulferdingsener Manfred Schilling bildet er unter dem Dach des Ordnungsamtes das schnelle Eingreifduo der Stadt. Ohne Nummernschild abgestellte Autos, Schulschwänzer, wilde Müllablagerungen: nur drei von vielen Problemen, die es für ihn zu lösen gilt. Auch für eine besondere Dienstleistung der Stadt ist er zuständig. Wer seinen neuen Pass nicht selbst abholen kann, dem wird er gebracht.

»Das Angebot gilt nur für Bürger, die aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind, persönlich im Rathaus zu erscheinen, um ihre neuen Ausweisdokumente abzuholen«, schränkt er ein. Missbrauch gebe es bei dieser Dienstleistung nicht. Brinkheinrich: »Der erste Kontakt zum Antragsteller entsteht meist über das Bürgerbüro. In dem Telefongespräch lässt sich klären, ob der Wunsch, den Außer-Haus-Service der Stadt in Anspruch zu nehmen, berechtigt ist oder nicht.«
15 bis 20 Mal im Jahr macht er sich mit einem Pass in der Aktentasche auf den Weg zum Kunde Bürger. Das Alter der Belieferten ist breit gefächert, reicht von Anfang 30 bis Mitte 70.
Auch mit den Schattenseiten des Lebens sieht sich der 58-Jährige oft konfrontiert. Für das Ordnungsamt ist er dabei, wenn es in Begleitung eines Richters um die Einweisung eines Menschen in eine psychiatrische Klinik geht. Zu Details schweigt er. Doch er gibt zu, dass immer wieder ausgesprochen gute Nerven gefragt sind.
Die Zahl der Schulschwänzer, die er zum Unterricht begleitet, sei in jüngster Vergangenheit rückläufig, doch oft würden diese Schüler, »die meist im schwierigen Alter sind«, schon am nächsten Tag wieder in der Schule fehlen.
Auf die Finger geschaut wird von ihm auch Gastwirten. »Kontrollen zur Hygiene im Schankbereich gehören zu meinem Bereich«, erklärte der Beamte. Schnelles Handeln sei gefragt, wenn im Rathaus der besorgte Anruf eines Nachbarn eingehe, dass er einen Mitbewohner im Haus oder jemand aus der Nachbarschaft seit Tagen nicht mehr gesehen habe. Brinkheinrich: »Dann ist es für uns selbstverständlich, nach dem Rechten zu schauen.« Wenn eben möglich, werde der Anrufer in die Klärung des Sachverhalts einbezogen. »Und bei solchen Sachen müssen wir uns natürlich auf dem Boden des Gesetzes bewegen, wenn es darum geht, eine fremde Wohnung zu betreten«, beschreibt er, dass gerade dann Fingerspitzengefühl, Menschenkenntnis und das sichere Gespür für das, was möglich ist, gefragt sind. Wenn nötig, werde die Polizei gerufen.
Wenn Brinkheinrich als Dienstleister der Stadt einen Pass abgibt, hat er Prinzipien: »Kleine Geschenke, und sei es die Tafel Schokolade, nehme ich nicht an.« Auch wenn es noch so gut gemeint sei: »Ich rate der älteren Dame, sie lieber ihrem Enkel zu schenken.«

Artikel vom 18.12.2004