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Bestechung
bei Storck

Manager in Untersuchungshaft

Von Stefan Küppers
Halle/Enger (WB). Ein anonymer Hinweis an die Steuerfahndung hat einen der mutmaßlich größten Bestechungsfälle der ostwestfälischen Wirtschaftsgeschichte ans Tageslicht gebracht. Weil er Schmiergeldzahlungen in Höhe von mindestens 500 000 Euro von Lieferanten in Empfang genommen haben soll, sitzt seit Donnerstag der ehemalige Einkaufschef des Haller Süßwarenriesen Storck in Untersuchungshaft.

Nach monatelangen Ermittlungen gegen den 54-jährigen Dieter M. und seine Frau schlugen jetzt unter Leitung von Oberstaatsanwalt Eckhard Bade 30 Kräfte von Staatsanwaltschaft, Steuerfahnder und Kripo-Spezialisten für Wirtschaftsstraftaten mit Hausdurchsuchungen in Enger, Berlin und in der Nähe von Hamburg zu, sicherten dabei auch Vermögenswerte. Zunächst konnte nur die 51-jährige Ehefrau festgenommen werden, die aber inzwischen wieder auf freien Fuß ist. Nach Rückkehr von einer Dienstreise nach Verona(Italien) stellte sich Dieter M. der Polizei und kam sofort in Haft.
Vorgeworfen wird dem bereits im Juni von Storck fristlos gekündigten Manager »Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr«. Den Ermittlungen zufolge ist das weitaus meiste Schmiergeld von einer Molkerei geflossen. Ermittelt wird nun, ob Dieter M., der für den Einkauf des gesamten Unternehmens (4500 Mitarbeiter) zuständig war und Prokura hatte, sich auch von anderen Lieferanten hat »schmieren« lassen.
Die Aufrechterhaltung einer guten Geschäftsbeziehung zum Storck-Einkaufsdirektor ließ sich nach den Ermittlungen eine Molkerei aus Warmsen (Südniedersachsen) große Summen kosten, die mit dazu beigetragen haben sollen, dass die Molkerei mittlerweile insolvent ist. Der Chef der Molkerei, der Schmiergeld auch aus Privatvermögen aufgebracht haben soll, wirkte auch an der Aufklärung mit.
Nach Auskunft von Burkhard Dannewald, Sprecher der Staatsanwaltschaft Bielefeld, gab es mehrere Geldflüsse. Zunächst sollen von April 1999 bis Oktober 2001 von der Molkerei über ein Steuerberatungsbüro monatlich 17 500 DM an eine Beratungsfirma geflossen sein, die von Dieter M.'s Ehefrau geführt wurde, aber nur auf dem Papier existiert haben soll. Insgesamt kam hier eine Summe von 527 000 DM (etwa 270 000 Euro) zusammen.
Weiterhin sollen 1999/2000 von der Molkerei über eine Liechtensteiner Firma 220 000 DM an M. geflossen sein. Tarnung sollen Scheinrechnungen für wertlose Gutachten gewesen sein. Als die Molkerei in Hoffnung auf ein ausbaufähiges Geschäft mit Storck ein großes Fabrikgebäude baute, sollen Handwerker der Molkerei 2000/01 auch am Hausbau von Dieter M. in Enger-Pödinghausen mitgewirkt haben. In dem großzügig gestalteten Haus sollen Waren und Leistungen von 200 000 DM (Elektro/Klima) und 95 000 DM (Fliesen) von der Molkerei bezahlt worden sein.
Weiterhin sollen 20 000 Euro mit Scheinrechnungen über Europäische Marktstudien von einem im Bereich der Kakaoanlieferung tätigen Unternehmen an Dieter M. geflossen sein.
Oberstaatsanwalt Dannewald lobte die Zusammenarbeit mit Storck. Unternehmenssprecher Dr. Bernd Rößler sprach von einem »Einzelfall, der in der Firmengeschichte beispiellos ist«.

Artikel vom 18.12.2004