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Stürmische Ratsitzung um Windkraft

Konzentrationszonen bestimmt - Ein Gebiet in Westenholz aus der Planung genommen

Von Jürgen Spies
Delbrück/Westenholz (WV). Man muss lange zurückdenken, um sich erinnern zu können, wann bei einer Ratssitzung im Hagedornforum schon einmal so viele Besucher im Saal saßen, wie jetzt am Donnerstagabend. Viele Westenholzer Bürger waren gekommen, weil der Punkt »Ausweisung von Konzentrationszonen für Windkraftanlagen/Änderung des Flächennutzungsplanes« auf der Tagesordnung stand. Mit ihrem Kommen wollten die Westenholzer Bürger deutlich machen, dass es im Dorf - wie mehrfach berichtet - massive Kritik, Unmut und Unverständnis hinsichtlich der Windkraftnutzung gibt.

Bürgermeister Robert Oelsmeier musste mehrfach nach Zwischenrufen um Ruhe und Ordnung bitten - ein Zeichen, dass dieses Thema viele Bürger aufregt.
Am Donnerstag ging es konkret um die Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen (WEA), um im vorgeschriebenen Verfahren voran zu kommen und um im Bauleitplanverfahren die frühzeitige Bürgerbeteiligung durchführen zu können.
Ende der vergangenen Woche hatte die Biologische Station Paderborner Land in einer Nachmeldung darauf hingewiesen, dass sich in einer der zur Rede stehenden Konzentrationsflächen ein Brutgebiet des geschützten »Großen Brachvogels« befindet. »Damit scheidet dieser Bereich nördlich der Mastholter Straße als Vorrangfläche für WEA aus«, erklärte Bürgermeister Oelsmeier. Bleiben also noch fünf mögliche Areale: drei in Westenholz (Bereich Grubebachstraße sowie Mastholter Straße/Kirspelpfad) und zwei in Ostenland (beidseits der Hövelhofer Straße an der Grenze zu Hövelhof).
Der Rat beschloss ferner, im Januar im Sport- und Begegnungszentrum Westenholz eine Informationsveranstaltung zum Thema Windkraftnutzung/Pro und Contra durchzuführen. Der Heimatverein Westenholz hatte zuvor die Anregung dazu gegeben, wobei Bürgermeister Robert Oelsmeier dies kraft Amtes nicht auf die Tagesordnung gesetzt hatte. Der Termin für die Infoveranstaltung wird noch bekannt gegeben und in der Zeit, in der der Entwurf des modifizierten Flächennutzungsplan öffentlich ausliegt (27. Dezember bis 27. Januar), anberaumt.
Dem Beschluss zu einem Bürger-Infoabend war eine Diskussion um Windkraftnutzung - von Buh- und Zwischenrufen, Beifall- und Missfallensäußerungen der Zuhörer begleitet - voraus gegangen. Insbesondere als GABI-Ratsmitglied Andrea Matthis am Projektor eine Folie auflegte, um anhand einer Skizze zu zeigen, dass eine über 100 Meter hohe Windkraftanlage von Westenholz aus »kaum zu sehen« sei, gab es lautstarke Buhrufe aus den Zuschauerreihen.
Da laut Geschäftsordnung derartige Reaktionen als unzulässig gelten, musste Bürgermeister Oelsmeier mehrfach eingreifen.
Schon zu Beginn der Ratssitzung war im Rahmen der Einwohnerfragestunde deutlich geworden, dass viele besorgte Bürger des Bundesgolddorfes 1985 die ganze Angelenheit mit viel Argwohn sehen. Unter anderem war davon die Rede, dass das von der Stadt in Auftrag gegebene Gutachten zur Findung möglicher Windvorranggebiete sinngemäß nichts tauge; aufgeworfen wurde auch die Frage, warum denn ausgerechnet in Westenholz und Ostenland Windvorranggebiete ausgewiesen werden sollen oder weshalb der Rat in der ganzen Sache »klein bei gegeben« habe.
Bürgermeister Oelsmeier erinnerte in diesem Zusammenhang an das unumstößliche Urteil des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Münster, das unter anderem den ursprünglichen Flächennutzungsplan für nichtig erklärt hatte. »Der Gesetzgeber hat das nun 'mal so geregelt, dass Windenergieanlagen als priviligiertes Bauvorhaben gelten, wenn keine unmittelbaren Abwehransprüche bestehen«, so Oelsmeier.
Die Nennung und Ausweisung möglicher Windvorranggebiete ist nach der Schlappe der Stadt vor dem OVG vorgeschrieben, der Flächennutzungsplan ist das Instrument dazu. Dass sich die möglichen Flächen nur auf Westenholz und Ostenland verteilen, ist »kein Attentat, sondern ein Ergebnis der gutachterlichen Überprüfung und der landschaftlichen Situation«, meinte Oelsmeier.
Friedel Balsliemke (CDU) und Theo Roggel (SPD) erklärten, dass die Stadt ganz einfach gezwungen sei, Windvorrangzonen auszuweisen und dass es »keine Null-Lösung« geben könne.
Ein Gutachter prüft derzeit noch, ob die Stadt eventuell eine Höhenbegrenzung auf etwa 100 Meter vorschreiben kann, genauer: ob 100-Meter-Anlagen für den WEA-Betreiber dann noch wirtschaftlich seien. Das Problem aus Sicht der Stadt: Vor Gericht könnte eine willkürliche Höhenbegrenzung als Verhinderungstaktik ausgelegt werden - und die ist nicht erlaubt.
Schlimmstenfalls könnte folgendes eintreten: Wenn die Stadt bis zum 13. Juli 2005 nicht einen gültigen und »abgesegneten« Flächennutzungsplan besitzt, könnten praktisch überall, wo es keine unmittelbaren Abwehrgründe gibt, Windkraftanlagen entstehen.
Beschlossen werden soll das Verfahren am 19. Mai.

(Kommentar)

Artikel vom 18.12.2004