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Holger Kasfeld ist Sozialpfarrer im Kirchenkreis Herford.

Gedanken zum Sonntag

Von Pfarrer Holger Kasfeld


Es gab eine Zeit, da wohnte die soziale Gerechtigkeit im Sherwood Forest in der Nähe von Nottingham und raubte die Reichen aus, um deren Überfluss unter den Armen zu verteilen. Mit der Hälfte des Geldes, das Robin Hood französischen Seeräubern abnahm, baute er ein Armenhaus.
Und so ähnlich taten es Karl Moor, der Schinderhannes und der Räuber Kneissl. Es dauerte ein paar Jahrhunderte, bis die soziale Gerechtigkeit aus den Wäldern und unzulänglichen Gebirgen herauskam und sich ins Grundgesetz hineinschlich. Da steht sie jetzt, zum Segen des Landes im Artikel 20 Absatz 1. Dort steht: „Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.“ Dass der Gebrauch des Eigentums zugleich dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll, war früher ein räuberisch-edles Motto.
Heute schmückt es das Grundgesetz samt der schönen Losung: „Eigentum verpflichtet.“ Gegen diese, für lange Zeit gültige Grundüberzeugung, die zudem christlich begründet ist, weht zur Zeit ein Wind.
Ein Wind, der sich zum Sturm steigert und dann Arbeitnehmer aus den Betrieben fliegen lässt und Menschen in ihrem Grundvertrauen entwurzelt. Dieser Sturm würde am liebsten die soziale Gerechtigkeit wieder in die Wälder vertreiben, weil sie außerhalb davon als störender »Standortnachteil« empfunden wird.
Wenn wir uns in der Adventzeit auf Weihnachten vorbereiten, dann geht es im Grunde immer um die phantastische Botschaft, dass Frieden auf der Welt sein möge.
Dass dieser Frieden für die Welt und für unsere Herzen ohne soziale Gerechtigkeit nicht zu haben ist, merken wir. Dass wir uns für diesen Frieden einsetzen, auch wenn wir keine edlen Räuber sind, das gebe Gott.

Artikel vom 18.12.2004