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Die Jugendlichen
besser verstehen

Experten tauschen Erfahrungen aus

Von Jürgen Köster
Brakel (WB). »Handys und Computer sind wichtiger geworden, als gemeinsam etwas zu erleben und zu unternehmen oder sich für andere einzusetzen. Hier hat sich bei den Jugendlichen vieles verändert.« Diese grundsätzliche Feststellung traf Andrea Stollberg gestern bei einer Fachtagung in Brakel. Die Realschullehrerin ist Vertreterin für den Bereich Schule im Arbeitskreis Suchtvorbeugung und Gesundheitsförderung im Kreis Höxter.

Dieser hatte im Adolph-Kolping-Berufskolleg die inzwischen dritte Fachtagung organisiert. Nach den Themen »Ecstasy« und »Biogene Drogen« befassten sich die Teilnehmer gestern mit der »(Un)bekannten Lebenswelt der Jugend heute«. Nach einer kurzen Aufführung der Theater-AG der Realschule Steinheim hielt Siegfried Seeger, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Gesundheitsfördernde Schulen (DGGS), einen einführenden Fachvortrag. Eine Podiumsdiskussion und Workshops befassten sich unter anderem mit dem Thema »Wie geht es Jugendlichen im Kreis Höxter heute und woran merken wir das?«.
»Die Fachtagung ist vorrangig an so genannte Multiplikatoren gerichtet, um sie für die heutige Lebenssituation von Jugendlichen zu sensibilisieren«, betonte Anne von Oiste-Neumann vom Kommissariat Vorbeugung der Kreispolizeibehörde Höxter. Diese Multiplikatoren sollen nach Möglichkeit immer wieder neue Impulse im Umgang mit Jugendlichen bekommen. Ziel der Veranstaltung sei es, ein besseres Verständnis für Jugendliche im Kreis Höxter zu ermöglichen.
»Gemeinsam mit den eingeladenen Experten aus Schule, Freizeit und Sozialpädagogik wollen wir in den Arbeitskreisen diskutieren, wie wir den Jugendlichen -Êsuchtpräventiv -Ê doch noch Perspektiven aufzeigen können, die viele heute verloren haben. Allein können wir das Rad nicht zurückdrehen, aber es ist ein Ansatz, sich auf die neuen Lebenswelten einzustellen«, erklärte die Kommissarin.
Fakten und Hintergründe zur psychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland als Grundlage für die Diskussionsrunden lieferte Siegfried Seeger. Auf der Basis von mehreren Untersuchungen -Êunter anderem der Shell-Jugendstudie und den Pisa-Studien -Êzeigte er aktuelle Trends auf. So sei beispielsweise das schulische Wohlbefinden der Jugendlichen unzureichend - im internationalen Vergleich sogar »auffallend unzureichend«. Allerdings gebe es ein mehrheitlich positives Verhältnis zu den Eltern.
»Für uns bedeutet Suchtvorbeugung, dass Erwachsene und Jugendliche die Entwicklungsaufgaben in einer zunehmend komplexen Welt gemeinsam angehen«, stellte Burkhard Albers von der Drogen- und Suchberatungsstelle des Beratungszentrums Brakel fest, der die Veranstaltung moderierte.
Dass eine Sucht- und Drogenproblematik nicht nur in Familien auftritt, in denen sich die Eltern nicht um ihre Kinder kümmern, erklärte Andrea Stollberg im Gespräch mit dem WESTFALEN-BLATT: »Auch Kinder greifen zu illegalen und legalen Drogen oder Alkohol und anderen Dingen, deren Eltern sich um sie bemühen, sich oft sogar zu sehr kümmern und sie behüten, die die Rolle des Retters übernehmen und alle Konflikte fernhalten.«
Der Arbeitskreis will auch weiterhin zu Tagungen wie gestern in Brakel einladen. Anne Oiste-Neumann: »Wir möchten diesen Austausch zwischen den Experten bestehen lassen. Wichtig ist, dass jeder auch den anderen wahrnimmt und nicht nur sein eigenes kleines Süppchen kocht.«

Artikel vom 17.12.2004