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Grabstein als Zeuge der Geschichte

Erinnerung an 16 Stiftsdamen, die einst in Stift Quernheim gelebt haben

Von Erich Scheiding
Kirchlengern-Stift Quernheim (BZ). Eine Grabplatte aus Granit erinnert jetzt an die Ruhestätte von 16 adeligen Stiftsdamen. Damit soll die bewegte Stiftsvergangenheit im Gedächtnis bleiben.

Um den verstorbenen adeligen Stiftsdamen ein würdiges Grab zu geben, wurde eine gemeinsame Gruft errichtet. Das geschah 1553 während der reformatorischen Umbauphase der romanischen Stiftskirche (1548 bis 1555). Die Gruft lag unterhalb des Nonnenchores und war ein Tonnengewölbe als Abbild des Himmels über der Erde.
Hier befanden sich bis zum Einbau einer Kirchenheizung die letzten 16 Särge ehemaliger Ka-pitularinnen des Stifts. 1907 wurden diese schmucklosen Särge aus der gemeinsamen Gruft herausgenommen und die Toten auf dem Ostteil des seit dem 12. Jahrhundert bestehenden Stiftskirchhofs (Leichenhof) umgebettet, wo sie eine würdevolle letzte Ruhestätte fanden. Auch Grabsteine, die auf die Toten hinwiesen, wurden aus den Kirchen entfent. Sie hatten zum Teil die mittelalterlichen Grabkammern im Boden abgedeckt.
Die in Westfalen sehr starke Erweckungsbewegung und die zunehmende Bevölkerung waren Gründe dafür, dass zwischen 1867 und 1914 zahlreiche Kirchen umgebaut oder neu gebaut wurden. Das gilt auch für die Stiftskirche, die zwischen 1865/67 und 1907/08 ihr Gesicht veränderte.
Damit weiterhin die Stiftsvergangenheit der hier aus dem 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts (Aufhebung des Stifts war 1810) beigesetzten Stiftsdamen in Erinnerung bleibt, beschloss das Presbyterium der Kirchengemeinde unter Vorsitz von Pfarrer Joachim Waltemate, dass für die Besucher der Stiftskirche an der Ostseite des Sakralbaus, in Rasengün eingefasst, eine vier Zentner schwere Grabplatte aus Granit in Schräglage zu sehen sein soll. Das seit 1714 durch König Friedrich II. von Preußen den Damen des Stifts zu Quernheim verliehene Ordenskreuz wurde als Emblem gewählt. Die Inschrift lautet: »Hier ruhen die letzten auf dem Stiftskirchhof beigesetzten 16 adeligen Damen des freiweltlichen Damenstifts zu Quernheim.«
Die Namen der ehemaligen Ka-pitularinnen, die hier ihre letzte Ruhestätte fanden, sind:
Elisabeth von Stedingk, gestorben 1719, Anna von Schele, gestorben 1732, Agnes von Münchhausen, gestorben 1733, Sidonia von Münchhausen, gestorben 1733, Clara von der Recke, gestorben 1735, Äbtissin Dorothea Sophie von Chalon, genannt Gehle, gestorben 1742, Maria von Beesten, gestorben 1746, Anna von Voss, gestorben 1748, Wilhelmine von der Asseburg, gestorben 1776, Judith von Quernheim, gestorben 1777, Äbtissin Sophie von Schele, gestorben 1779, Apollonia von Cornberg, gestorben 1780, Anna von Westernhagen, gestorben 1785, Sophie von Korff, gestorben 1793, Judith von Stedingk, gestorben 1798, Dorothea von Hagen, gestorben 1807.
Von den hier genannten Verstorbenen befanden sich bis zur Renovierung der Stiftskirche im Jahre 1968 fünfzehn Totentafeln und ein Barockepitaph auf dem historischen Fräuleinchor. Heute gibt es dort nur noch sechs Gedenktafeln und ein Epitaph von 1742.
Weitere in dieser Zeit verstorbene Stiftsdamen wurden nach den Eintragungen im Totenregister in der Kirche hestattet, darunter auch Hedwig von Korff (Hedwigs Legende).

Artikel vom 16.12.2004