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Viele Zeugen und
unklare Aussagen

Dubiose Verhandlung ohne Urteil

Versmold/Halle (hj). Das war sogar für Richter Michael Hunke undurchsichtig, was sich da in der Nacht zum 1. Mai vor einer Bushaltestelle in Bockhorst abgespielt hatte. Ein Mann wurde verprügelt, aber niemand hat es deutlich gesehen, obwohl mehrere Personen ringsum standen. Auch die beiden Angeklagten sind ahnungslos.

Denn ihnen konnte das Amtsgericht Halle diese Tat in der gestrigen Verhandlung nicht eindeutig zuordnen. So blieb Richter Hunke nur eine Möglichkeit, beiden Versmoldern (15 und 23 Jahre) nur eine gemeinnützige Arbeitsauflage aufs Auge zu drücken und das Verfahren wegen Körperverletzung vorläufig einzustellen.
Die beiden Versmolder standen schon am 29. November wegen dieses Vorwurfs vor Gericht. Bei der ersten Verhandlung war besonders durch die Aussagen des Geschädigten und einiger Zeugen nicht klar, wer denn nun an der Bushaltestelle in Bockhorst zugeschlagen haben sollte. Weitere Zeugen und vor allem die Polizisten, die nach dem Vorfall gerufen wurden, mussten geladen werden, so dass eine weitere Verhandlung notwendig wurde.
Die fand gestern statt. Der Polizeibeamte aus Versmold konnte sich jedoch nicht mehr daran erinnern, ob er beide oder nur einen an Ort und Stelle verhört hatte. Ein Protokoll gebe es nicht, da an diesem Abend keine Anzeige erstattet worden sein. »Ich habe nur eine Person festgehalten, kann aber nicht mehr sagen, wer das war«, entschuldigte er sich.
Ein geladener Zeuge sagte jedoch vor Gericht aus, dass er beide Angeklagten gesehen haben will. Beide sollen auf den Geschädigten zugegangen sein. »Mehr habe ich aber nicht gesehen, das Auto stand zwischen uns«, sagte er dem Richter. Als der Polizeiwagen dann um die Ecke bog, seien alle weggelaufen - er eingeschlossen.
Ein weiterer Zeuge aus Bockhorst (18) bestätigte, dass vier Personen auf den Geschädigten zugegangen sein sollen. »Zwei haben ihn festgehalten, einer hat getreten«, lautete seine Version. Auf die Frage Hunkes, wer denn festgehalten und wer getreten habe, wollte oder konnte der Zeuge nicht beantworten. Er wisse lediglich, dass der ältere Angeklagte den Geschädigten zu Fuß verfolgt habe. »Was dann geschah, weiß ich nicht«, denn er sei auch abgehauen, als die Polizei vorfuhr.
Eine 26-jährige Zeugin konnte sich nur daran erinnern, einen von beiden Angeklagten an der Bushaltestelle gesehen zu haben. »Den anderen kenne ich überhaupt nicht«, sagte sie, brachte jedoch noch weitere Namen von angeblichen Anwesenden ins Spiel, die das Geschehen vielleicht besser gesehen hätten. »Das scheint ja ins Uferlose zu gehen«, beschwerte sich Richter Hunke. »Vieles ist hier widersprüchlich und scheint dubios, so dass wir das Verfahren vorläufig einstellen werden.«

Artikel vom 17.12.2004