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Studenten müssen früher raus

Universität Paderborn: Vorlesungen ab 7.30 Uhr und auch am Samstag

Von Andrea Pistorius (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WV). Die Studenten der Paderborner Universität werden sich schon bald daran gewöhnen müssen, früh aufzustehen und auf Parties am Wochenende zu verzichten: Das Rektorat plant aus Gründen einer effizienten Raumorganisation, Lehrveranstaltungen schon morgens um 7.30 Uhr oder auch am Samstag anzubieten.

Der Anlass für diese Überlegungen wird auch Morgenmuffeln einleuchten: Durch stetig steigende Studentenzahlen - insbesondere in den Wirtschaftswissenschaften und in den Lehramtsstudiengängen - wurde der Platz in Hörsälen und Seminarräumen knapp. Überfüllte Veranstaltungen in zu kleinen Räumen und Verteilungskämpfe um größere Flächen belasten Lehre und Studium in unnötigem Maß. »Wir, das Rektorat, haben deshalb eine Kommission beauftragt, die vorhandene Raumkapazität der Hochschule neu zu verteilen«, erklärte Prorektor Prof. Dr. Bernard Michael Gilroy, zuständig für den Bereich Lehre, Studium und Weiterbildung. Mit Beginn des nächsten Wintersemesters 2005/2006 soll das Konzept in die Erprobungsphase gehen, die auf ein Jahr festgelegt wurde.
Für manchen langgedienten Professor bedeutet dies, von liebgewordenen Gewohnheiten Abschied zu nehmen: Die Vorlesung, die seit zwanzig Jahren immer am Dienstagnachmittag im Hörsaal X stattfindet, wird möglicherweise auf einen anderen Tag und an einen anderen Ort verlegt. Und mancher Student wird seine Heimfahrt am Wochenende zur Freundin auf Sonntag verschieben müssen, weil am Samstag noch zwei Seminare stattfinden. »Von Vorlesungen am Sonntag wollen wir vorerst aber absehen«, versicherte Professor Gilroy, doch inoffiziell wird an diesem Tag natürlich längst an der Hochschule gearbeitet. Dozenten und Studierende vertiefen sich in ihren Büros in ihre Studien, und die Bibliothek ist nicht nur werktags bis Mitternacht geöffnet, sondern auch am Wochenende bis 18 Uhr.
Aktueller Anlass, die Raumorganisation zu verbessern, ist der Ansturm auf die Lehramtsstudiengänge (das WV berichtete). 900 Erstsemester hatten sich im Oktober an der Paderborner Universität immatrikuliert, auf 300 bis maximal 400 Anfänger ist die Erziehungswissenschaft eingestellt. Nach Auskunft von Prorektor Gilroy soll das neue Raumkonzept in dieser Situation dazu beitragen, einen geordneten Lehrbetrieb zu gewährleisten.
Im übrigen einigten sich das Rektorat, die Dekanate der fünf Fakultäten und das Paderborner Lehrerausbildungszentrum (PLAZ) in einem Spitzengespräch aus Anlass der hohen Einschreibungsquote darauf, Betreuungsengpässe in den Lehramtsstudiengängen individuell und rasch zu lösen. »Wir alle sind guten Willens, die studentische Zufriedenheit wieder herzustellen«, betonte Prof. Gilroy, wies aber zugleich auf finanzielle Grenzen hin.
Damit in Zukunft ein Überhang an Lehramtsstudenten vermieden werden kann, wurde in dem Spitzengespräch auch übelegt, an der Uni ein professionelles Auswahlverfahren einzuführen.
»Nach einer zweisemestrigen Erprobungsphase sollte den Lehramtsstudenten klar sein, ob sie geeignet sind, vor einer Klasse zu stehen«, erläuterte Gilroy das neue Prinzip der »Kompetenzorientierung«, das nun auf dem Prüfstand steht.

Artikel vom 18.12.2004