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Kinderschänder verurteilt

Behinderter Rentner (70) aus Büren muss hinter Gitter

Von Hubertus Hartmann
Büren/Paderborn (WV). Willi S. wirkt gebrechlich, muss sich auf seinen Stock stützen - ein Schlaganfall hat ihn schwer gezeichnet. Trotz seiner Behinderung ist der Rentner aus Büren nach Überzeugung der Richter ein gemeiner Kinderschänder. Sie schickten den 70-Jährigen gestern für dreieinhalb Jahre ins Gefängnis.

Willi S. ist einschlägig vorbestraft. Schon Ende der 80er Jahre hatte er mehrfach einen damals zehnjährigen Jungen sexuell missbraucht und dafür eineinhalb Jahre auf Bewährung kassiert.
Auch Christian war zehn, als 1994 die Übergriffe begannen. »Der war für mich wie ein Großvater, und das hat er schamlos ausgenutzt«, sagt der heute 21-Jährige. »Mit Geld und Süßigkeiten hat er mich regelrecht angelockt.« Sieben Jahre dauerte die »Beziehung«. »Ich habe mich elendig und dreckig gefühlt, kam damit nicht mehr klar«, gewährt das Opfer Einblick in seine Psyche. Erst im Frühjahr fand Christian den Mut, Anzeige zu erstatten.
Staatsanwalt Karl Oppenkamp klagte 40 Fälle an. »Nur die Spitze des Eisbergs«, glaubt Richter Stefan Schäfer. Willi S. bestritt sämtliche Vorwürfe. Auch sein Verteidiger Josef Schulte äußerte erhebliche Zweifel an den belastenden Aussagen und forderte Freispruch. Der Rentner hatte, obwohl er sich seiner pädophilen Neigung bewusst war, immer Jungen um sich geschart. Zwei aus diesem Kreis sagten zu seinen Gunsten aus: »Mich hat er nie angefasst«.
Doch sowohl der Staatsanwalt als auch das Gericht glaubten dem Zeugen. »Er hat Details geschildert, die er sich kaum ausdenken könnte«, so Schäfer. Christians Anwältin Ulrike von Schnakenburg, Bielefeld, sprach von einer »ganz subtilen Vorgehensweise« des Angeklagten. »Er hat einem Kind die normale sexuelle Entwicklung genommen.«
Psychiater Bernhard Bätz sieht bei Willi S. sogar eine nicht zu unterschätzende Gefahr weiterer Sexualstraftaten gegen Kinder.

Artikel vom 17.12.2004