16.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Gute-Laune-Stoff
klemmt im Gehirn

Hilfe bei Winterdepressionen

Warburg (WB). Etwa jeder Zehnte kennt das Seelentief im Winter aus eigener Erfahrung: Man fühlt sich schlapp und melancholisch, igelt sich zu Hause ein und nascht zu viele Süßigkeiten. Im Unterschied zu anderen Depressionen bessern sich die meisten »Winterdepressionen« im Frühjahr von allein.

»Die Ursache ist wahrscheinlich der Lichtmangel. Im Gehirn ist zu viel Schlafhormon Melatonin und zu wenig von dem Gute-Laune-Botenstoff Serotonin verfügbar. Das erklärt auch den Heißhunger auf Schokolade: Sie enthält eine Vorstufe des Serotonins«, erklärt Apotheker Thomas Rochell, Vorsitzender der Bezirksgruppe des Kreises Höxter im Apothekerverband Westfalen-Lippe.
Weil Licht für die Stimmung so wichtig ist, sollte man im Winter möglichst viel Zeit draußen verbringen, rät Rochell. Ein Spaziergang in der Mittagspause könne schon ausreichen. Die Lichtstärke eines trüben Wintertags liege bei etwa 2000 Lux. Wenn die Sonne scheine, sollte man auf die Sonnenbrille verzichten. Auch Lichtduschen könnten eine Winterdepression bessern. Dazu würden spezielle Lampen eingesetzt, die ein sehr helles Licht abgäben, etwa 2 500 bis 10 000 Lux- in sonniger Sommertag bringt es auf 100 000 Lux. »Am besten morgens einige Zeit vor dieser Lampe verbringen, dabei kann man auch
essen oder lesen. Etwa drei Viertel der Winterdepressionen bessern sich nach einer Woche«, so Rochell.
Die Apotheken raten bei Winterdepressionen oft zu Johanniskraut. Dragees mit definierten Extrakten können die Stimmung heben - die Wirkung setzt aber erst nach einigen Tagen ein. Auch homöopathische Arzneimittel werden eingesetzt, die wie alle Homöopathika individuell ausgewählt werden sollten.
Wenn diese rezeptfrei erhältlichen Arzneimittel nicht ausreichen, kann der Arzt synthetische Wirkstoffe verordnen. Thomas Rochell: »Die meisten Antidepressiva beginnen erst nach einigen Tagen bis Wochen zu wirken, die Nebenwirkungen wie Mundtrockenheit kommen aber oft schon früher. Deshalb ermuntere ich die Patienten dazu, das Mittel erst drei bis vier Wochen lang einzunehmen, bevor sie es enttäuscht zur Seite legen. Denn gerade depressive Menschen glauben gar nicht daran, dass ihnen geholfen werden kann und geben vorschnell auf.

Artikel vom 16.12.2004