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Eine Stadt im Lotto-Rausch

Ein Paderborner setzt 1 000 Euro auf den 25-Millionen-Jackpot

Von Hubertus Hartmann,
Katharina Stute (Text)
und Wolfram Brucks (Foto)
Paderborn (WV). Die Chance, den Jackpot zu knacken, liegt bei 1 : 140 000 000 - trotzdem schwelgt die Nation im Glücksspiel-Rausch Die Goldgräberstimmung hat auch Paderborn erfasst. Tausende hoffen auf den Lotto-Jackpot. 25 Millionen Euro ziehen die Spieler magisch an.

Die größten Chancen auf einen Millionen-Gewinn hat, ohne dass sie selbst einen Schein ausfüllen muss, wahrscheinlich Sabine Rahn. Sie arbeitet im Kaufhof in der Lotto-Annahmestelle von Ludger Berens. Und mindestens jeder dritte Spieler verspricht der freundlichen Glücks-Fee: »Wenn ich gewinne, kriegen Sie was ab«. »Ein Kunde will sogar mit Zylinder und einer Blaskapelle kommen«, freut sich die 40-Jährige schon mal über die Aussicht auf den »ganz großen Bahnhof«.
Freundlich sind sie alle, die ihre Kreuzchen gemacht haben und nun geduldig in der Schlange stehen. Nur erwartungsfrohe Gesichter, und es blüht der Flachs. »Ich kaufe mir ein Haus und mehrere Autos«, träumt Holger Finke (21) aus Atteln. Er hat zum ersten Mal in seinem Leben einen Tipp-Schein ausgefüllt und meint: Ich hatte dieses Jahr so viel Pech, irgendwann muss ich doch auch mal Glück haben«.
Karl-Heinz Padberg (42) aus Paderborn kalkuliert ganz kühl für die Stunde X: »Ich lege alles an und kann von drei Prozent Zinsen prima leben«. Stimmt. Es wären immerhin 750 000 Euro im Jahr.
Doris Göschel (17) und Christian Schulz (18) würden es ähnlich machen: »Ein Auto kaufen und den Rest zur Bank bringen«.
Dem 75-jährigen Josef Kröger wären die 25 Millionen ohnehin viel zu viel. »Den Pot hätten die früher auflösen sollen.« Er spielt einfach ganz normal - wie immer.
Doch die meisten Tipper lockt der Kick. »Ein gewisser Kitzel ist schon dabei«, räumt Gelegenheits-Spielerin Gesa Claes (45) ein.
So lange die »Goldgräber« auf dem Teppich bleiben und nur mal ein paar Euro riskieren, ist alles kein Problem. »Das Spielen soll Spaß machen, aber Menschen nicht in die Sucht ziehen«, warnt Prof. Michael Adams von der Uni Hamburg. Seiner Ansicht nach investieren die Leute aber zu viel, weil die Werbung sie glauben mache, sie hätten eine echte Chance auf den Hauptgewinn.
Auch in Paderborn weiß Sabine Rahn von Einem zu berichten, der für 1 000 Euro Lotto-Scheine ausgefüllt habe.
»Zurzeit herrscht wirklich eine kleine Hysterie«, räumt Ludger Berens ein, der die Annahmestellen im Kaufhof und im Südring betreibt. Vergangenen Samstag seien die Umsätze mehr als doppelt so hoch gewesen wie an normalen Wochenenden.
19 Annahmestellen gibt es im Bereich der Stadt Paderborn. Für den Samstag-Jackpots von immerhin schon 22 Millionen haben die Paderborner bereits vergangene Woche Hunderttausende an Einsatz investiert. »Sollte der Pot wieder nicht weggehen und auf 30 Millionen wachsen, wird es wahrscheinlich noch schlimmer«, vermutet Berens.
Sabine Rahn hofft indes, dass es diesmal klappt und wünscht sich nur: »Hoffentlich trifft es den Richtigen«.

Artikel vom 15.12.2004