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Die Aufgabe nicht verstanden

Mira Bräger erlebte böse Überraschung: »Nikolaus« nimmt Stiefel mit

Von Stefanie Westing
Espelkamp (WB). Normalerweise bringt der Nikolaus Kinderaugen zum Strahlen. Bei Mira Bräger war es anders. Die Achtjährige traute ihren Augen kaum, als sie nachschauen wollte, ob der Heilige Mann ihr etwas gebracht hatte. Doch der »Nikolaus« hatte scheinbar irgendetwas missverstanden: Anstatt die Stiefel zu füllen, hatte er sie einfach mitgenommen.

Richtig schön wollte es Mira dem lang ersehnten Gast machen. »Ich hatte in einem Film gesehen, wie das in Amerika getan wird. Deshalb habe ich ein kleines Tablett mit einem Glas Milch, Keksen und Nüssen vorbereitet.« Und einen Brief geschrieben: »Lieber Nikolaus, stärk dich ein bisschen. Hoffentlich schmeckt es dir. Deine dich liebende Mira.« Dazu hatte sie mehrere Stiefel vor die Terrassentür am Ulmenweg gestellt: Ihre eigenen Reitstiefel und insgesamt vier Puppenstiefel - denn ihren Puppen wollte die Schülerin der Ina-Seidel-Grundschule auch eine Freude machen. Daraus wurde aber nichts. Sie müssen nun barfuß durchs Leben gehen.
»Die Reitstiefel und ein Puppenstiefel waren noch da, als Mira nachschaute. Drei Puppenstiefel aber waren verschwunden«, erklärt Mutter Martina Bräger. Die Achtjährige weiß, dass die Eltern den Nikolaus bei seiner vielen Arbeit unterstützen. »Mein Mann hat die Sachen um sechs Uhr rausgelegt, und um sieben Uhr waren sie weg.«
Nüsse, Schokolade und eine Apfelsine stecke in den kleinen Stiefeln, die verschwunden sind. »Vitaminbewusst war der Dieb«, sagt Manuela Bräger. Inzwischen kann die Familie - auch Mira - schon über die Geschichte schmunzeln. Doch am Anfang war die Enttäuschung riesengroß.
Besonders merkwürdig: Der Garten ist von außen schlecht einsehbar. Außerdem blieben Miras Reitstiefel mitsamt Füllung in Form einer Lederhose zurück, ebenso Puppenkleidung, die in den kleinen Stiefeln steckte. »Wir nehmen an, der Dieb ist gestört worden und konnte nicht alles mitnehmen. Zuerst dachten wir, unsere Katzen hätten die kleinen Stiefel weggeschleppt, aber wir haben den ganzen Garten abgesucht. Sie waren es nicht«, schildert Martina Bräger. Sie kann nicht verstehen, wie jemand einem Kind am Nikolaustag so eine Gemeinheit antun kann. Eines jedenfalls haben die Brägers aus der Geschichte gelernt: »Wir werden nie wieder Stiefel rausstellen.«
Mira hat ihre Wut inzwischen auch verarbeitet - mit einem weiteren Brief: »Lieber Nikolaus, ich glaube, du hast da was verwechselt. Du solltest mir etwas bringen und nichts mitnehmen.« Zu Weihnachten wünscht sie sich neue Puppenstiefel - bleibt zu hoffen, dass das Christkind seine Aufgaben nicht missversteht.

Artikel vom 11.12.2004