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Brunnen der Senne für Durst der Stadt

Stadtwerke öffnen Tür des Hauptpumpwerks

Von Monika Schönfeld
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Die Senne ist ein Glücksfall für die Trinkwasserversorgung. Das sagt der Leiter der Wassergewinnung bei den Stadtwerken Bielefeld, Diplom-Geologe Olaf Kulaczewski. Für das WESTFALEN-BLATT öffnete er die Tür zum Hauptpumpwerk am Mittweg, das »Herz« der Wassergewinnung in der Senne.

Zwei Drittel des Trinkwasserbedarfs der Städte Bielefeld, Schloß Holte-Stukenbrock, Oerlinghausen, Augustdorf und Leopoldshöhe werden in acht Wasserwerken in der Senne gefördert. Das sind 12,5 Millionen Kubikmeter Wasser jährlich. Der Gesamtbedarf liegt bei 18 Millionen Kubikmeter. Am Bärenbach sind 40 Brunnen gebohrt, in der Mittelfassung 12, in der Südfassung auf Paderborner Gebiet 6 und am Furlbach 8 Brunnen, die aus einer Tiefe von 20 bis 40 Metern pro Stunde 20 bis 25 Kubikmeter Wasser fördern. Dazu kommen vier Tiefenbrunnen mit einer weitaus höheren Kapazität von 250 bis 450 Kubikmetern pro Stunde, die aus 400 bis 600 Metern gefördert werden. Das weiche Wasser aus dem Sennesand wird mit dem harten aus den Tiefen in zwei Wasserbehältern am Mittweg gemischt und von dort aus in die Transportleitungen gepumpt. Es erreicht durch 1480 Kilometer Wasserleitungen die Haushalte - und zwar bereits nach drei bis zehn Stunden. Älter als einen Tag ist das Trinkwasser auch nicht, wenn es im Bielefelder Norden aus dem Wasserhahn kommt.
Auf dem Weg nach Bielefeld werden an zwei Übergabestationen am Kruzifix in der Storchkrugsiedlung und an der Lüchtenstraße in Stukenbrock eine Million Kubikmeter Trinkwasser von der Stadt Schloß Holte-Stukenbrock übernommen und weiter verteilt. Die Stadt ist damit größter Einzelwasserkunde der Stadtwerke Bielefeld. Über 24 Wasserspeicher auf dem Kamm des Teutoburger Waldes läuft das Trinkwasser im freien Gefälle in die Bielefelder Haushalte. Schloß Holte-Stukenbrock hat keinen Wasserspeicher - es gibt hier keinen Hochpunkt. Deshalb kommt das Wasser über Druckerhöhungsstationen (Pumpen) in die Haushalte.
Besonders stolz ist Olaf Kulaczewski darauf, dass das geförderte Wasser nicht aufbereitet werden muss. Beste Qualität benötigt keine Desinfektion oder Zusatzstoffe.
In den 20-er bis 40-er Jahren herrschte der »Sennekrieg«, der Kampf ums Trinkwasser, berichtet Kulaczewski. Da im Süden mehr Wasser entnommen als versickert wird, prangerten die Sennebauern, die mit mageren Böden kämpfen, den »stetigen Durst der Stadt« an. Sie befürchteten, dass der Grundwasserspiegel absinkt. In den 50-er Jahren einigte man sich: gereinigtes, aber nicht sauberes Wasser wurde vom Klärwerk Heepen in die Senne zurück geleitet und auf den Feldern verrieselt. Da die Klärleistung damals eine andere als heute war, gab es Probleme. Zwar hatte das Klärwasser viel Dünger, stank aber auch und war mit Schwermetallen belastet. In den 70-er Jahren wurde der Rücktransport des Wassers zurückgefahren, 1986 offiziell eingestellt. Der prognostizierte Durst der Stadt wurde um die Hälfte unterschritten. 2500 Grundwassermess-Stellen in der Senne, auch direkt an den Bächen, ergeben, dass die Grundwasserneubildung so groß ist wie die Entnahme. »Das sagen nicht wir, sondern die Gemeinschaft für Naturschutz Senne und die Biologische Station Senne, mit denen wir eng zusammen arbeiten«, sagt Kulaczewski. »Die intakte Natur ist Grundlage für sauberes Grundwasser. Wir haben also ein Eigeninteresse, keinen Raubbau zu betreiben.«
Nach dem Anschlag auf das World Trade Center in New York sind die Brunnen (viele auf dem Gelände des Truppenübungsplatzes) in Zusammenarbeit mit den Briten und der Polizei beobachtet worden. Einem möglichen terroristischen Anschlag wird durch Fernüberwachung begegnet. Die Polizei hat Pläne der Anlagen.

Artikel vom 11.12.2004