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Wie man Chef seines Hundes wird

Klaus Kleemann und Udo Nappert stellen Buch zur Hundeerziehung vor

Von Monika Schönfeld
(Text und Foto)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Der Hundebesitzer, der vier Mal »Sitz« ruft und dabei immer lauter wird, oder mit Kraft an der Leine zieht, damit sein Hund ihm endlich folgt - wer hat das nicht schon einmal gesehen? Oder die Dressur mit Leckerli als Belohnung oder den Schlag mit einer zusammen gerollten Zeitung, wenn das Tier nicht gehorcht? Hunde, die nicht mehr zu halten sind, wenn sie einen Jogger oder einen anderen Hund auf der Straße sehen? Das Problem lässt sich auf einen Nenner bringen: Die Halter sind nicht der Chef des Hundes. Klaus Kleemann, Stukenbrocker Besitzer der Hundeschule Kleemann in Sennestadt, hat eine Methode der Hundeerziehung entwickelt, die artgerecht ist. Gemeinsam mit Udo Nappert hat er seine langjährige Erfahrung veröffentlicht: »Contact your Dog - Mit Hunden flüstern«.

»Warum schreibst Du nicht ein Buch«, haben Kunden seiner Hundeschule immer wieder gefragt, die begeistert waren, als selbst als schwierig eingestufte Hunde mit ihren Herrchen und Frauchen bereits nach fünf Minuten wie verwandelt erschienen. Kleemann (47) winkte ab. Von Hundeerziehung versteht er etwas, aber das alles gegliedert und nachvollziehbar aufzuschreiben - das ist nicht seine Welt.
Bis er Udo Nappert kennen lernte. Der 57-jährige Grundschulrektor aus Werdohl bei Altena im Sauerland hatte eine acht Monate alte Colliehündin. »Lea« jagte hinter Joggern her und rieb die Nerven ihres Herrchens gewaltig auf. Durch Zufall hat Nappert in einer Hundezeitschrift den Artikel »Schluss mit Leckerli und Tralala« über die Hundeschule Kleemann gelesen und nahm Kontakt auf. Ein halbes Jahr lang ist er zwei Mal die Woche mit »Lea« nach Sennestadt gefahren - immerhin eine Tour von eineinhalb Stunden pro Fahrt. »Der Aufwand hat sich gelohnt. Nach fünf Minuten habe ich erfahren, dass die Methode hundertprozentig funktioniert«, erzählt Nappert. »Das System ist logisch und nachhaltig. Ich spiele mit meinem Hund jetzt in einer anderen Liga. Ich kann jetzt mit meinem Hund ohne Leine über einen gut besuchten Weihnachtsmarkt gehen. Sie bleibt an meiner Seite.«
»Menschen und Hunde sprechen nicht die gleiche Sprache«, sagt Klaus Kleemann. Deshalb sei es notwendig, Kontakt mit dem Hund aufzunehmen. Der Hund sei im Ursprung ein Rudeltier. Im Rudel gebe es Hierarchien, die starr sind. Alle Tiere folgen uneingeschränkt dem Leittier. »Wir befinden uns in der Wildbahn. Kein Rudelleittier trägt einen Sack mit Fleischwurst mit sich herum, um sich Gehorsam zu erkaufen. Es gibt Regeln - Freiheiten und Beschränkungen -, damit das Zusammenleben funktioniert.« Es gebe kein Laissez Faire und keine Diskussionen. Und die Hundemutter erzieht ihre Welpen nicht mit Gewalt, sondern stupst sie mit der Schnauze weg, wenn sie stören oder Blödsinn machen. Das tut nicht weh, ist aber unangenehm. Die Welpe lernt aber, wie sie sich wieder wohl fühlen kann - indem sie selbst die Spannung löst.
Udo Nappert war fasziniert von der Parallele zur Kindererziehung. »Kinder lernen, indem sie Erfolgserlebnisse haben. Wir lassen Kinder bewusst Irrwege gehen, lassen sie Erfahrungen machen. Unangenehm ist ihnen, wenn sie etwas falsch machen. Sie suchen selbst nach der Lösung und wenn sie sie gefunden haben, wirkt das nachhaltig.« Nichts anderes macht Klaus Kleemann. Er legt den Hunden eine vier Meter lange Kontaktleine locker um den empfindlichen Bauch. Läuft der Hund weg, ist das unangenehm. Der Hund lernt aus Erfahrung, dass er die Spannung lösen kann, wenn er sich seinem Herrchen nähert. Über Kontaktpunkte an Schulter und Hinterteil, die nur sanft berührt werden, lernt der Hund »Sitz«, »Platz« und »Hier« und »Fuß«, Grundlagen der Erziehung. Diese Berührung nervt den Hund, tut aber nicht weh. Das Tier entwickelt eine Strategie, dass die nervende Berührung aufhört.
In dem Buch von Kleemann und Nappert ist ein Erfahrungsschatz von 45 Jahren Hundeerziehung zusammen getragen. Klaus Kleemanns Vater Wilfried Bögeholz hat die Hundeschule gegründet. »In diesem Buch findet ein Hundebesitzer das erste Mal, warum ein Hund Fuß, Platz und Sitz können muss«, so Nappert, der die Methode systematisch gegliedert hat, um sie nachvollziehbar zu machen. »Wir beschäftigen uns nicht mit einem Einzelproblem. Das Grundübel ist, dass Menschen nicht die Chefs bei ihren Hunden sind.« Allerdings handelt es sich um Erziehungs-»Arbeit«. Der Mensch muss konsequent sein.
Der Verlag hat den beiden Autoren völlig freie Hand gelassen. Die Fotos von Christine Steimer illustrieren das 101 Seiten starke Buch anschaulich. Klaus Kleemann wird das Buch und seine Methode am Samstag, 18. Dezember, in der Zeit von 10 bis 17 Uhr im »Tiergarten Homann« von Brunhild Homann an der Kaunitzer Straße vorstellen. Während der »Sprechstunde« können die Kunden ihre Tiere mitbringen, um einen Einblick am eigenen Tier zu erhalten.
Klaus Kleemann und Udo Nappert: Contact your Dog - Mit Hunden flüstern - aber richtig oder Der Weg deines Hundes in die Freiheit, 2005 bede-Verlag, ISBN 3-89860-092-0, 19,95 Euro.

Artikel vom 11.12.2004