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Von Ulrich Schlottmann

Warburger
Aspekte

Endlich aus der Krise finden


Von Ratsvertretern ist gelegentlich zu hören, die Kommunalpolitik sei langweilig geworden, weil es nichts mehr zu entscheiden gebe. Für die Ratssitzung am kommenden Dienstag trifft das ganz bestimmt nicht zu, denn dann geht es um die Zukunft des St. Petri-Hospitals. Der frühere Stadtdirektor und Krankenhaus-Verbandsvorsteher Walter Seulen hat das Warburger Krankenhaus einmal als den wichtigsten Bestandteil der Daseinsvorsorge der Stadt für ihre Bürger bezeichnet. Viel besser lässt sich der Stellenwert der Klinik, aber auch aller Entscheidungen, die sie betreffen, nicht beschreiben.
Am Dienstag geht es um die Frage, ob das St. Petri-Hospital mehrheitlich - zu 76 Prozent - in die Hand eines privatwirtschaftlichen Krankenhaus-Betreibers, der »Neuen Pergamon Management GmbH«, übergehen soll. Der Kreistag hat bereits mit großer Mehrheit für diesen Weg gestimmt; die Entscheidung des Warburger Stadtrates ist dagegen offen.
Nach der »Sana« und der »Asklepios« ist die »Pergamon« in den vergangenen fünf Jahren bereits der dritte Kandidat für eine Partnerschaft mit Kreis und Stadt, den jetzigen Eignern. Nun mehren sich aber offensichtlich die Zweifel daran, ob diese Gesellschaft in der Lage ist, die Probleme in Warburg zu lösen und das Krankenhaus auf eine zukunftsfähige Basis zu stellen.
Ob das, was jetzt an Negativem aus anderen »Pergamon«-Häusern an die Öffentlichkeit getragen wird, wirklich so zutrifft, können die Ratsmitglieder natürlich schwer beurteilen, die breite Öffentlichkeit kann es gar nicht. Letztlich geht es darum, ob die Entscheidungsträger im Rat und die Bürger dem Vorsteher des Krankenhauszweckverbandes, Landrat Hubertus Backhaus, vertrauen, der seit Monaten mit der »Pergamon« verhandelt hat und das Zusammengehen empfiehlt, weil die Referenzen durchweg gut seien.
Dass das St. Petri-Hospital mehrheitlich in privatwirtschaftliche Hände übergehen soll, war eigentlich in Kreis und Stadt seit Jahren Konsens. Dahinter steckt die öffentlich eingestandene Erkenntnis, dass die kommunalen Träger ohne Partner nicht in der Lage sind, das Haus in einem enorm schwierig gewordenen gesundheitspolitischen Umfeld kostendeckend zu führen. Die Zahlen der Haushaltsjahre 2003 und 2004 mit Defiziten von 750 000 und 500 000 Euro sprechen für sich.
Während sich landauf, landab Krankenhäuser bereits zu Verbünden zusammengeschlossen oder sich potente Partner gesucht haben, steht das St. Petri-Hospital noch immer allein auf weiter Flur, weil die kommunalen Träger zwar jahrelang verhandelt, aber - das sei hier ganz nüchtern und nicht einmal kritisch festgestellt - nichts zustande gebracht haben.
Ob es im Warburger Rat jetzt gelingt, die deutlichen Vorbehalte gegen die »Pergamon«, die berechtigt oder unberechtigt sein mögen, zu überwinden, ist fraglich. Mit ihrem Angebot, befristet auf drei Jahre einen Lohnverzicht in Höhe des derzeitigen Defizits zu leisten, wenn das Krankenhaus in kommunaler Trägerschaft verbleibt, haben die Mitarbeiter bereits etliche Ratsmitglieder auf ihre Seite gezogen. Jetzt steht auch noch ein ernstzunehmendes Bürgerbegehren gegen einen Ratsbeschluss pro »Pergamon« im Raum.
Die CDU-Mehrheitsfraktion, auf die es ja ganz wesentlich ankommt, ringt dem Vernehmen nach heftig um eine einheitliche Linie. Die Krankenhausfrage droht zur Zerreißprobe zu werden - nicht nur in der CDU und im Rat, sondern auch im Verhältnis Stadt und Kreis.
Die Entscheidung, die den Ratsmitgliedern am Dienstag abverlangt wird, ist schwierig. Wie immer sie ausfällt, dürfen die Politiker das Ziel nicht aus den Augen verlieren, das St. Petri-Hospital schnellstens als echten Wirtschaftsbetrieb, das heißt profitabel, zu führen. Dafür müssen - was seit Jahren aussteht - dringend die entsprechenden Strukturen, vor allem Entscheidungsstrukturen, geschaffen werden. Ein Geschäftsführer am Gängelband des Verbandsvorstandes oder der Zweckverbandsversammlung würde diesem Anspruch allerdings mit Sicherheit nicht gerecht.
Die Zeit drängt, denn die derzeit im laufenden Krankenhausbetrieb entstehenden Defizite sind existenzgefährdend. Stadt und Kreis werden nicht in der Lage sein, weiterhin derartige Verluste auszugleichen, zumal sich die finanziellen Rahmenbedingungen für Krankenhäuser weiter zu verschlechtern drohen. Für die Kreistagsmitglieder waren schon die vergangenen Verlustausgleiche eine schwer zu schluckende Kröte. Ein Nein aus Warburg zur Privatisierung wird mit Sicherheit einen anderen Kurs des Kreises in Sachen Krankenhaus zur Folge haben.
Bei all dem, was jetzt wieder diskutiert wird, bleibt eine drängende Frage im Raum stehen: Wer führt das St. Petri-Hospital endlich aus der Dauerkrise heraus, damit sich die öffentliche Betrachtung wieder der anerkannt guten medizinischen Leistung zuwenden kann und nicht einem permanenten und bislang wenig erfolgreichen Krisenmanagement?

Artikel vom 11.12.2004