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Wo »Kamille« draufsteht

Wissenswertes über pflanzliche Arzneimittel

Bad Oeynhausen (WB). Immer mehr Patienten greifen auf pflanzliche Arzneimittel zurück, wenn es um die Selbstmedikation von Kopfschmerzen, leichten Magenentzündungen oder Blähungen geht. »Obwohl die gesetzliche Krankenversicherung seit Jahresbeginn nur noch wenige Medikamente aus Heilpflanzen erstattet, erfreuen sich diese wachsender Beliebtheit«, hat Apotheker Peter Czellnik, Sprecher der Apothekerschaft Minden-Lübbecke, beobachtet.

Allerdings sind pflanzliche Arzneimittel oft nicht miteinander vergleichbar. Frei nach dem »Wo Kamille drauf steht, ist auch Kamille drin«, gehen viele Patienten davon aus, dass Präparate aus der gleichen Pflanze auch die gleiche Zusammensetzung, Wirkung und Wirksamkeit haben. »So sind beispielsweise Dragees mit Johanniskraut aus Supermärkten und Drogerien ganz anders dosiert als die aus der Apotheke«, verrät Peter Czellnik. »Traditionell angewendet, sollen sie vorbeugend die Stimmung heben. Sie sind aber nicht zur Behandlung einer Depression zugelassen - im Unterschied zu den Johanniskraut-Medikamenten aus der Apotheke.«
Dass Heilpflanzen auch Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln haben können, erläutert Apotheker Peter Czellnik ebenfalls am Beispiel des Johanniskrauts: »Wenn man Johanniskraut zusammen mit anderen Antidepressiva einsetzt, kann es zu einer Überstimulation der Nervenzellen kommen.« Die Folgen: Übelkeit, Erbrechen, Angst oder Unruhe. Heilpflanzen wie Aloe, Senna oder Faulbaum wirken abführend und führen dadurch zu einem Verlust an Kalium. Der Kaliummangel wiederum kann eine Verstopfung verursachen. »Diese Heilpflanzen sollten daher nur zwei Wochen angewendet werden«, verdeutliche Czellnik. Ihm ist es ein wichtiges Anliegen, dass Begriffe wie »rein pflanzlich« und »natürlich« nicht mit harmlos verwechselt werden: »Auch pflanzliche Arzneimittel gehören in die Hand des Apothekers. Wir beraten gerne über mögliche Probleme bei der Anwendung und die richtige Dosierung.«
Verschiedene Heilpflanzen helfen gegen einen zu niedrigen Blutdruck. So regt das Gewürz Rosmarin die Durchblutung an. Besonders munter machen Duschgels oder Badezusätze. Das ätherische Öl kann dann über Haut und Atemluft wirken. Peter Czellnik: »Wegen des belebenden Effekts empfehlen sich Rosmarinbäder allerdings nicht vor dem Schlafengehen.«
Lavendelöl wird ebenfalls bei Kreislaufproblemen angewendet. Gleiches gilt für den aus dem Holz des Kampferbaums stammenden Kampfer. Er stimuliert die Gefäßnerven und das Atemzentrum und regt so den Kreislauf an. Peter Czellniks Empfehlung: »Zehn bis 15 Tropfen des ätherischen Öls werden auf ein Stück Würfelzucker getropft. Dieses lässt man dann im Mund zergehen.« Kampfer wird auch bei akuten Ohnmachtsanfällen eingesetzt.

Artikel vom 10.12.2004