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»Das Ohr ist die letzte Instanz«

Markus Brinkmann bringt Klaviere in die richtige (Weihnachts-)Stimmung

Von Ingo Schmitz
Höxter (WB). Pünktlich zu Weihnachten werden sie von den musikalischen Höxteranern hervorgeholt: die Flöten, Gitarren, Trompeten und Geigen. Um das stimmungsvolle Fest in den schönsten Tönen unter dem Weihnachtsbaum genießen zu können, braucht es aber für manches Instrument zuvor einen Experten. Ein solcher Fachmann ist Markus Brinkmann aus Höxter. Der 38-Jährige versetzt Klaviere in die richtige (Weihnachts-)Stimmung.

Vor Heiligabend hat der Orgelbaumeister und Klavierstimmer ebenso wie seine Mitbewerber besonders viel zu tun. »Viele Besitzer von Klavieren und Flügeln überlegen sich spontan, ihr Instrument stimmen zu lassen. Entsprechend häufig werde ich dann auch gerufen«, berichtet der zweifache Familienvater. Allerdings hat Markus Brinkmann auch seine Stammkundschaft, die sich nicht diesem Stress in letzter Minute aussetzen lässt. Deren Tasteninstrumente werden schon vor dem ersten Advent auf Herz und Nieren geprüft, damit sie zum Weihnachtsfest für Wohlklang im Wohnzimmer sorgen können.
Die sensiblen und meist verstimmten »Patienten« des 38-Jährigen reichen vom einfachen Klavier bis hin zum edlen Flügel, dessen Preis locker den eines Mittelklassewagens übersteigen kann. Einer seiner Kunden ist ein bekannter Pferdezüchter aus dem Sauerland, der zwar ein Liebhaber der Klaviermusik ist, selbst aber nicht in die Tasten greift. »Daher engagiert er immer wieder Pianisten, wahre Koryphäen in ihrem Metier, die für ihn spielen. Vor einem solchen Konzert muss jedesmal der Flügel von mir gestimmt werden«, berichtet Brinkmann von den exquisiten Wünschen seiner Kundschaft. Übrigens: Der Förster-Flügel des Pferdezüchters ist das Prunkstück in der Kundenkartei des Klavierstimmers.
Dass die Tasteninstrumente im Laufe der Zeit ihren schönen Klang einbüßen, liegt laut Brinkmann an verschiedenen Faktoren. Ein Grund: Die Instrumente werden zu selten gepflegt. Es gibt aber noch andere Gründe, warum eine Klavierstimmung notwendig ist. »Meist liegt es am falschen Raumklima. Häufig stehen die Klaviere zu warm und zu trocken.« Und das bekommt dem Holz nicht. Das reagiert sehr sensibel auf die falsche Behandlung. Schlimmstenfalls reißt der für die Klangübertragung wichtige Resonanzboden.
Nach Angaben des gebürtigen Osnabrückers lasten auf den Rahmen eines Klaviers unglaubliche Kräfte. »Ein Klavier hat -Êje nach Tonumfang -Êetwa 240 Saiten, der Rahmen muss eine Spannung von bis zu 18 Tonnen halten. Da ist es verständlich, dass jede Erschütterung, jedes Verschieben im Raum, jede Veränderung der Raumtemperatur den Ton beeinträchtigen kann.« Oftmals ist aber auch der Verschleiß am Hammerkopf, der die betreffende Saite anschlägt, für den unharmonischen Klang verantwortlich.
Übrigens: Nicht der Einsatz von Technik ist beim Stimmen von Entscheidung. »Ausschließlich das Gehör ist die letzte Instanz«, stellt der Organist der St. Nicolai Kirche Höxter klar. »Meine guten Ohren sind mein Kapital.« Doch der Lehrwerkmeister der Handwerkskammer Hildesheim hat nicht nur ein feines Gehör, sondern auch handwerkliches Geschick. Der Tischlermeister setzt schadhafte Klaviere und Flügel instand. »Nur starker Holzwurmbefall ist kaum behandelbar«, weiß er aus Erfahrung. Wer noch rechtzeitig zum Fest ein Klavier kaufen möchte, sollte sich gut beraten lassen. Denn: Schöner die Instrumente nie klingen, als zu der Weihnachtszeit.

Artikel vom 11.12.2004