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20-Jähriger in Rage schießt
auf seinen Großvater

Familienstreit uferte aus - Richter: Keine Bagatelle

Halle (kg). Der Streit über die Hilfe im Haushalt uferte aus: Irgendwann warf der Großvater vor Wut einen eisernen Schürhaken nach seinem Enkel. Der wurde an der Seite gestreift. Rasend riss der 20-Jährige Haller die Soft-Air-Pistole hoch und feuerte mehrere Male aus drei Meter Entfernung mit Plastikgeschossen auf seinen Opa.

Obwohl der Familienzwist aus dem Sommer längst beigelegt ist, ließ Richter Michael Huneke die Geschichte nicht auf sich bewenden. Das Verfahren wegen gefährlicher Körperverletzung wurde gestern am Amtsgericht Halle zwar nach Jugendstrafrecht eingestellt. Doch als Bagatelle sah das Gericht es nicht: Der junge Mann muss 70 Stunden gemeinnütziger Arbeit ableisten. Die Waffe »Combat Commander« wurde eingezogen.
Der 20-Jährige hatte sie vor Jahren aus dem Spanien-Urlaub mitgebracht. Als er mit seinem Großvater, der auf den Rollstuhl angewiesen ist, wieder einmal wegen des Themas Hausarbeit aneinander geriet, steckte er sie »vorsichtshalber« in den Hosenbund. »Er kommandiert immer gleich herum. Darauf habe ich keine Lust«, erklärte der arbeitslose Angeklagte, warum er im Haus nicht half.
Opa griff zum
Schürhaken
Die Situation eskalierte, als ein Freund zu Besuch war. Dem Opa war die Musik zu laut, die die beiden im Obergeschoss des Hauses hörten. Er drehte daraufhin einfach den Strom ab und warf wütend ein paar Inline-Skates die Treppe hoch. Als die Jungen mit ihren Fahrrädern vom Hof radeln wollten, blieb es nicht bei Beleidigungen. Als sein Großvater zum Schürhaken griff, sah der Enkel rot.
»Das Zusammenleben im Haus scheint alles andere als angenehm gewesen zu sein«, stellte der Richter fest. »Ich habe Mist gebaut«, räumte der junge Mann ein, dessen Schüsse dem Großvater zwei Platzwunden im Gesicht beschert hatten. Eine Mitschuld gab auch der 71-Jährige zu. Er schrieb aber auch einiges der Jugend zu: »Wie die Jungen alle so sind. Wenn man das so im Fernsehen sieht . . .«, meinte er. »Wir wollen nicht hoffen, dass das inzwischen Alltag ist«, meinte Richter Huneke. Und auch die Amtsanwältin hakte sofort ein: »Was soll ich sagen: So sind die Alten von heute?« Wie der Richter appellierte sie an die beiden Streithähne, künftig gegenseitig Rücksicht zu nehmen und zu versuchen, miteinander klar zu kommen.

Artikel vom 10.12.2004