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Moralischer Sieger erstritt 33 Euro

Hanichs Ärger mit einem »Unglücksauto«

Von Hubertus Hartmann
Paderborn (WV). Dr. Wolfgang Hanich ist Zahnarzt, liebt flotte Autos und wird bissig, wenn ihm Unrecht widerfährt. Deshalb zeigte er einem Paderborner Autohaus auch die Zähne, als Worte nicht mehr fruchteten. Der Doktor erstritt vor Gericht 33 Euro und fühlt sich vor allem als moralischer Sieger im Sinne von Kundenservice.

Vor sechs Jahren gönnte sich Hanich ein BMW Cabrio 328 i. Eigentlich ein schönes Auto, wäre dem einst glücklichen Besitzer die Freude am Fahren unter freiem Himmel nicht immer wieder vergällt worden. Teils war es Pech, teilweise kam Pfusch dazu. Zwei Lackmängel wurden zunächst noch auf Garantie oder Kulanz behoben. Kaum strahlte die 43 000 Euro teure Karosse in neuem Glanz, brummte unglücklicherweise ein Lieferwagen aufs Heck - 5 000 Euro Schaden.
Bei der Reparatur passierte dann offenbar ein Missgeschick mit kuriosen Folgen.
BMW hat, wie andere Hersteller auch, ein System entwickelt, bei dem das Dach automatisch zusammengefaltet wird und im Kofferraum verschwindet. Während dieses etwa 30-sekündigen Vorgangs kann der Kofferraumdeckel, der nach hinten schwingt, eigentlich nicht von Hand geöffnet werden. Das verhindert eine elektrische Sperre. Die war bei der Reparatur des Heckschadens anscheinend aber außer Betrieb gesetzt worden, und prompt passierte etwas, das im wirklichen Leben normalerweise ebenso selten vorkommt wie ein Sandsturm in Paderborn: Während Hanich gerade das Verdeck auf machte, drückte eine Bekannte auf den Kofferraum-Knopf. Der Deckel sprang auf und verkeilte sich mit dem einfahrenden Dach. Der Schaden belief sich auf 850 Euro.
Weil sich in der Bedienungsanleitung kein Warnhinweis befand, dass Verdeck und Kofferraum nicht gleichzeitig geöffnet werden dürfen, verklagte der Zahnarzt den Autohersteller auf Schadenersatz. Das Amtsgericht München wies seine Klage allerdings ab. Urteilstenor: Weil beides zusammen eigentlich nicht funktionieren könne, müsse diese Möglichkeit auch nicht in der Bedienungsanleitung behandelt werden.
Endgültig verglühte die Liebe zu BMW nach einem unliebsamen Vorfall in der Werkstatt. Als Wolfgang Hanich nach einer Inspektion sein Auto zum vereinbarten Termin abholen wollte und sich von einem Mitarbeiter nach Paderborn fahren ließ, war der Wagen noch nicht fertig. Weil er sich beschwerte, sei er beleidigt und regelrecht rausgeworfen worden. »So etwas muss ich mir als langjähriger treuer Kunde und unbescholtener Bürger wirklich nicht gefallen lassen«, ärgert sich Hanich noch heute.
Mit dem Taxi fuhr der Zahnarzt zu seiner Praxis nach Lichtenau, wo bereits Patienten warteten oder teilweise schon wieder gegangen waren. Das Autohaus verklagte er auf rund 200 Euro Schadenersatz für Praxisausfall und Taxikosten. Die Werkstatt erteilte ihm wegen seines angeblichen »Ausflippens« daraufhin Hausverbot.
33 Euro für die Taxifahrt sprach das Amtsgericht Paderborn dem Kläger zu. Der dargelegte Verdienstausfall sei hingegen nicht substantiiert begründet.
»Darauf kann ich letztlich auch pfeifen«, kommentiert der »Don Quichote« seinen Feldzug in der Dienstleistungswüste. »Aber hier musste einfach mal deutlich gemacht werden, dass Autofirmen und deren Werkstätten mit ihren Kunden so nicht umgehen können.«

Artikel vom 28.12.2004