08.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Wasserwüste nach Dammbruch

Serie: Der Bau des Mittellandkanals in Lübbecke vor 90 Jahren - Folge 2

Von Stadtarchivar Helmut Hüffmann
Alswede (WB). Die Ausstellung »Kostbarkeiten aus dem Stadtarchiv - Die Lübbecker Ortsteile stellen sich vor« zog während des Weihnachtsmarktes erneut zahlreiche Interessenten in ihren Bann. Dabei erinnerte das Stadtarchiv unter anderem zum Ortsteil Alswede an Bau, Nutzung und einen Dammbruch des Mittellandkanals. Dieses Thema war gewählt worden, um an die Inbetriebnahme der Wasserstraße im Dezember 1914 zu erinnern. In einer kleinen Serie lässt die LÜBBECKER KREISZEITUNG die Geschichte noch einmal Revue passieren.

Wie in der ersten Folge berichtet, passierte m Dezember 1914 das erste Schiff den neuen Mittellandkanal, nachdem bereits 1906 mit dem Bau begonnen worden war.
Ein Jahr später war das öffentliche Interesse am Kanal bedeutend größer, als es Ende Dezember 1915 nach starken Regenfällen im ganzen Lübbecker und Pr. Oldendorfer Gebiet zu einem drei bis vier Meter langen Dammbruch an der südlichen Kanalseite im Bereich Hedems kam. Die Flutwelle überschwemmte auch den Alsweder Bezirk. Dieses Ereignis wurde im Lübbecker Kreisblatt am 28.12.1915 ausführlich geschildert. »Es mochte etwa gegen 10 Uhr morgens sein und die letzten Kirchgänger eben fortgegangen sein, als plötzlich die Dorfglocke ertönte. Nach Norden schauend, erblickte man bald eine große schaurige Wasserwüste, die sich sehr schnell vergrößerte. Da vorerst nur wenige Menschen zur Hilfe da waren, wurden durch die Glocke bald alle verfügbaren Mannschaften herangeholt. Auch wurde ein Bote zur Kirche in Alswede gesandt, und Herr Pfarrer Voß machte bekannt, daß die Männer Hedems nach Hause eilen möchten, da der Kanaldamm gerissen sei.«
Nicht nur die Rettung der bedrohten Menschen wurde eingeleitet, auch das Vieh galt es unverzüglich zu bergen. Der Verlust der Tiere hätte in der durch die Landwirtschaft geprägten Gegend herbe Verluste für die Eigentümer bedeutet. So trieb man Rinder, Schweine und Ziegen in den westlichen Teil des Dorfes Hedem, der etwas höher lag. Möbel, Bettzeug, Kleidung und sonstiger Besitz wurden in den Häusern auf den Heuboden über den Ställen, den so genannten »Hielen«, verfrachtet. Der tatkräftige Einsatz der Bevölkerung zeigte bald Wirkung, denn Menschen kamen bei dem Dammbruch nicht zu Schaden. Das Wasser verlief sich bereits am frühen Nachmittag etwas und mit der Reparatur der Bruchstelle konnte wenige Tage später begonnen werden.
Eng mit dem Kanalbau verbunden war die Anlage eines Hafens auf Lübbecker Grund und Boden an der öffentlichen Wendestelle, dem heutigen Hafenbecken. Hier lagen die Lübbecker Schulwiesen, die zur Verfügung gestellt werden konnten. Bevor die ersten Baumaßnahmen ergriffen wurden, befassten sich die Lübbecker Stadtverordneten am 12. November 1907 mit der Bauplanung für einen Hafen. Eine Kommission unter dem Vorsitz von Rentmeister Bomnüter auf Gut Renkhausen wurde gebildet. Der Anfang der Hafenbebauung wurde im Sommer 1914 gemacht, als zwei hölzerne Ladebühnen angebracht wurden, die das Anlegen von Frachtschiffen und das Löschen der Ladung ermöglichten.(Wird fortgeetzt)

Artikel vom 08.12.2004