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Gurtmuffeln im »Brummi« auf der Spur

Autobahnpolizei simuliert mit Überschlagführerhaus und Gurtschlitten mögliche Unfallfolgen

Bünde (-gl-). Mit Gurtschlitten und Überschlagführerhaus kämpft der Verkehrsdienst der Autobahnpolizei gegen die Gurtmüdigkeit bei Lkw-Fahrern. »Die Fahrer sehen oft das Führerhaus als Arbeitsplatz an und schnallen sich deshalb nicht an. Dabei besteht Gurtpflicht und wird bei Zuwiderhandlung mit 30 Euro bestraft«, beschreibt der Leiter des Verkehrsdienstes, Wolfgang Wilke, die Situation. Auf dem Gelände des Autohofes an der Osnabrücker Straße in Bünde wirbt die Polizei seit Montag bei Lkw-Fahrern für mehr Sicherheit durch Anschnallen.

Seit 1992 besteht Anschnallpflicht für die Kapitäne der Landstraße. »Vor zwei Jahren haben wir festgestellt, dass aber nur 15 Prozent der Fahrer dieser Vorschrift Folge leisten«, betont der Leiter des Verkehrsdienstes Wilke auf dem Parkplatz am Autohof. Dort spricht die Polizei alle Brummi-Fahrer an, die eine Rast einlegen. Auf der A30 aber sind Schleppfahrzeuge mit Polizeibeamten unterwegs, die die Lkw anhalten und überprüfen, ob die Fahrer angeschnallt sind.
Gibt es Beanstandungen, werden sie gebeten, dem Polizeifahrzeug zum Autohof an der Osnabrücker Straße zu folgen. »Bei einer Tasse Kaffee unterhalten wir uns dann intensiv mit den Verkehrssündern, bringen ihnen bei einem Test mit dem Gurtschlitten nahe, welche Kräfte beim Aufprall eines Lkw auf einen festen Gegenstand frei gesetzt werden und wie wichtig es ist, in solchen Situationen angeschnallt zu sein«, schildert Wilke die Vorgehensweise.
Auch der Überschlagssimulator macht den Brummifahrern deutlich, was passiert, wenn sich ein Lkw überschlägt. Wilke: »In den meisten Fällen haben die Fahrer in der Mitte ihres Cockpits eine Ablage, wo Kaffeetassen oder auch Kannen stehen und andere Utensilien ihren Platz haben. Bei einem Unfall fliegt alles durchs Führerhaus, wird der Lkw-Fahrer beim Überschlag auf den Beifahrersitz geworfen oder hat auf der Fahrerseite engen Kontakt mit dem Erdboden. Schmerzhafte Verletzungen sind die Folge.«
Bei dieser Aktion geht es der Polizei in erster Linie nicht darum, Gurtmuffel zu erwischen und sie mit einem Bußgeld zu belegen. Wichtiger ist für die Beamten, die Brummifahrer davon zu überzeugen, dass sie einen Verkehrsunfall eher überleben, wenn sie angeschnallt sind. »Zeigen die Kapitäne der Landstraße Einsicht und schnallen sich in Zukunft an, dann sehen wir von einem Verwarnungsgeld ab. Nur die Uneinsichtigen werden zur Kasse gebeten«, betont Wolfgang Wilke.
Ziel der Polizei ist, dass die Fahrer wie beim Schneeballprinzip für das Anschnallen im Lkw werben, Kollegen davon überzeugen, dass sie dabei zu mehr Sicherheit beitragen können.
Der 47-jährige Dimitri aus Russland steigt gerade aus dem Gurtschlitten. Mit wenigen Brocken Deutsch macht er deutlich, dass ihn die Simulation beeindruckt hat. Er verspricht für die Zukunft, immer angeschnallt seine Fahrten zu absolvieren.
Im Überschlagführerhaus, das der Deutsche Verkehrsicherheitsrat der Polizei für diese Aktion zur Verfügung gestellt hat und von Heinrich Wolff und Jürgen Schobel betreut wird, erlebt der 27-jährige Fahrer Andreas mit, was bei einem schweren Verkehrsunfall passieren kann.
Auch das Technische Hilfswerk Vlotho unterstützt die Polizeiaktion. Ein Stromgenerator liefert die Energie, die die beiden Simulatoren und die Heizung in einem kleinen Gesprächszelt benötigen.
»Wenn wir es schaffen, bei den Fahrern Einsicht zu erzeugen und so den Einstieg zu mehr Lebensrettung erreichen, dann lohnt sich die Aufklärungsarbeit, die wir hier leisten«, ist Verkehrsdienstleiter Wolfgang Wilke überzeugt.

Artikel vom 09.12.2004