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Unbekannter stieg ins Auto

Börninghauser wurde von jungem Mann überrascht - Geld geliehen

Börninghausen (wm). Nicht vertrauensselig sein, auch und gerade nicht in der Vorweihnachtszeit - das rät Heinrich Bringewatt insbesondere älteren Mitmenschen. Und dabei spricht er aus eigener Erfahrung, die er vor wenigen Tagen machen musste.

»Dabei hatte ich offenbar eine ganze Menge Glück«, blickt er zurück - wütend und betroffen zugleich.
Und das war passiert: Nachdem Heinrich Bringewatt mit seinem Auto eine Bekannte von Börninghausen nach Lübbecke gebracht hatte, musste er am Bahnübergang Alsweder Straße halten: »Plötzlich schlug jemand gegen mein Auto, die Beifahrertür wurde aufgerissen, und dann saß ein junger Mann neben mir.« Er ging fest davon aus, dass der Pensionär zur Lübbecker Innenstadt fahren würde, was Bringewatt eigentlich nicht wollte, dann aber doch tat. Dabei wurde er in ein Gespräch verwickelt über sein Alter und seinen Wohnort. Der unbekannte Beifahrer habe so getan, als spiele er im Eggetal Fußball und wohne auch dort.
Heinrich Bringewatt nahm ihn mit nach Börninghausen: »Warum, weiß ich bis heute nicht. Und sonst verriegele ich beim Autofahren auch immer die Türen; diesmal nicht, weil ich kurz vorher jemanden aussteigen ließ.« Den Begleiter, der ein nur schwer zu verstehendes Kauderwelsch gesprochen habe, ließ er sogar in sein Haus, lieh ihm zehn Euro und brachte ihn, weil er über kein weiteres Geld und keine Fahrgelegenheit verfügte, sogar wieder nach Lübbecke zurück.
Ein Tag später klingelte es bei Einbruch der Dunkelheit an der Bringewatt-Haustür. Der Begleiter vom Vortag war wieder da und wollte den alten Herrn wieder in ein Gespräch verwickeln: »Diesmal war ich jedoch vorsichtiger. Ich forderte ihn auf, mir die zehn Euro zurückzugeben. Daraufhin ging der Mann in mein Badezimmer und wollte wohl durch das Fenster dort flüchten. Das gelang aber nicht. Als ich ihn nochmal zur Rückgabe des Geldes aufforderte, erhielt ich einen Stoß, der mich auf den Boden warf. Als ich nach meinem Krückstock griff, um mich zu verteidigen, floh der Mann durch das Wohnzimmerfenster, wobei er die Gardine herunterriss und die Blumen vom Fensterbrett stieß.«
Gut 24 Stunden später folgte Teil drei. Am späten Abend habe ein anderer Unbekannter vor seiner Tür gestanden und etwas abliefern wollen. In der Dunkelheit hinter der Glasscheibe habe er ihn nur schwer erkennen können. Und wegen seiner kurz zuvor gemachten Erfahrungen war Heinrich Bringewatt noch vorsichtiger: »Ich griff meinen Krückstock, drohte dem etwa 30 bis 35 Jahre alten Mann und forderte ihn laut und nachdrücklich auf, mein Grundstück zu verlassen - was er dann auch tat.«
Dem seit Jahrzehnte in Börninghausen lebenden Heinrich Bringewatt, der in wenigen Wochen seinen 89. Geburtstag feiert, ist klar, dass er leichtsinnig einem Unbekannten vertraut hat: »Ich habe in meinem Leben schon viel erlebt. Das aber ist eine neue Erfahrung, die mich noch vorsichtiger macht.«

Artikel vom 09.12.2004