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Schilf für das Filterbecken

6000 Pflanzen gesetzt - Ende nächsten Jahres Inbetriebnahme

Von Matthias Kleemann
(Text und Fotos)
Schloß Holte-Stukenbrock (WB). Eine etwas mehr als 1000 Quadratmeter große Fläche im Holter Wald hinter dem Sägewerk am Schloss ist in den vergangenen Wochen auf eine Tiefe von etwa drei Metern ausgebaggert, mit einer Folie ausgelegt und mit speziellen Kies- und Sandschichten wieder aufgefüllt worden. Jetzt kommt der letzte Akt: Mitarbeiter der Firma Ökon aus dem norddeutschen Tangstedt haben gestern rund 6000 Schilfpflanzen in den Sand gesetzt.

Autofahrern, die häufiger auf der Holter Straße am Schloss unterwegs sind, ist die Baustelle sicher nicht verborgen geblieben. Hier wird ein so genanntes Retentionsbodenfilterbecken gebaut. Vor rund einem Jahr ist der Bau dieser Anlage in den städtischen Gremien beschlossen worden. Die Stadt bringt Kosten von 410000 Euro auf, bekommt aber einen Zuschuss in Höhe von 70 Prozent vom Land und spart außerdem jährlich knapp 30000 Euro Abwasserabgabe, die sie sonst zahlen müsste. Die Maßnahme rechnet sich also.
Das Filterbecken soll Abwasser reinigen, dass immer dann anfällt, wenn es stark regnet. Da Schloß Holte ein Mischsystem hat, bei dem Schmutzwasser und Regenwasser in das selbe Kanalsystem eingeleitet werden, wäre das Klärwerk überlastet, wenn bei starkem Regen das Wasser nicht über etliche Auffangvorrichtungen zurückgehalten und gebremst würde. Letztlich fließt dadurch jedoch ein Teil des Abwassers ungeklärt in den Ölbach, wenn auch stark verdünnt - und der Ölbach fließt direkt in das Trinkwassergewinnungsgebiet Mühlgrund.
Die vorhandenen Rückhaltebecken und Puffereinrichtungen waren bis jetzt ausreichend, doch es gelten neuerdings schärfere europäische Wasserrahmenrichtlinien. Dadurch ist der Bau dieser letzten Reinigungsstufe für Schloß Holte-Stukenbrock gar nicht zu umgehen gewesen.
Ein Jahr wird es allerdings noch dauern, bis das Filterbecken in Betrieb geht. Denn so lange brauchen die Pflanzen, um anzugehen. Das Schilf mit dem lateinischen Namen »Phragmitis australis gigantea« eignet sich für den Zweck aufgrund seiner harten und spitzen Wurzeln, erklärt Klaus Vasel von der Firma Ökon. Diese Wurzel kann sehr harte Erdschichten durchbohren. Solche Schichten entstehen aus den Schwebstoffen im Abwasser, die, wenn sie sich absetzen und trocknen, den Boden regelrecht verkleben würden. Die Wurzeln durchlöchern diese Schichten und halten sie so durchlässig. Zusätzlich nimmt die Pflanze Nährstoffe aus dem Abwasser auf.
Deshalb sitzt sie auch in einem nährstoffarmen Sand. »Nach dem Pflanzen wird die Fläche gedüngt und geflutet«, erläutert Christian Kemmer von Ökon das weitere Vorgehen. Nach einer zweiten Düngung im Frühling wird das Becken - schätzungsweise im August kommenden Jahres - mit zwei Meter hohen Schilfpflanzen bedeckt sein.
Das Betreten der Anlage kann übrigens lebensgefährlich sein. Der Boden verhält sich wie Treibsand, in dem man bis zu den Hüften einsinken und sich aus eigener Kraft nicht befreien kann. Deshalb wird das Becken mit einem hohen Zaun gesichert.
Später kann das Schilf auch problemlos längere Trockenperioden überstehen. Im Winter zieht es sich fast ganz in den Boden zurück, ähnlich wie winterharte Stauden im heimischen Garten. Bei starkem Regen kommt das Abwasser aus einem Becken an der Basis der dreieckigen Fläche und versickert zunächst zwischen einer Steinschüttung. Es durchfließt das Becken also eher unterirdisch und wird dort auch gereinigt, bevor es an der Spitze der dreieckigen Fläche austritt und von dort aus in den Ölbach geleitet wird.
Ein wenig Pflege muss sein, damit die Fläche nicht verkrautet. Übrigens: Auch die Baumaßnahme auf der anderen Seite der Holter Straße am Schloß hängt mit dem Bau des Filterbeckens zusammen, hier wird am Zulauf für das Becken gearbeitet.

Artikel vom 08.12.2004