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Vom Sieg über die bösen Träume

»Traumfresserchen«: Dagmar Selje lässt Figuren aus dem Bilderbuch heraussteigen

Schloß Holte-Stukenbrock (kl). Träume aus dunkler Gaze kommen durchs Fenster und umhüllen das Bett der kleinen Prinzessin Schlafittchen, so dass es gar nicht mehr zu sehen ist - böse Träume, die das Kind nicht gut schlafen lassen. Schlaf aber ist das Wichtigste im Schlummerland, wo die Prinzessin wohnt. Wer gut schläft, ist ein ausgeglichener Mensch, der niemandem etwas zuleide tun kann.

König und Königin sind sehr beunruhigt, dass die Prinzessin von so bösen Träumen geplagt wird, und nachdem es im Schlummerland niemanden gibt, der der Prinzessin helfen kann, macht der König sich auf die Reise, um in anderen Ländern Rat zu suchen.
»Das Traumfresserchen« ist eigentlich eine Geschichte von Michael Ende (Unendliche Geschichte, Jim Knopf und Lukas, der Lokomotivführer). Im Jahr 1999 hat die Bielefelder Puppenspielerin Dagmar Selje (42) das Stück zusammen mit der Regisseurin Kai Büchner für die Puppenbühne inszeniert. Es ist als so genanntes Tischtheater inszeniert: Die Puppen werden nicht an Fäden oder Stäben, sondern direkt mit der Hand geführt. Die Puppenspielerin ist sichtbar, präsent und Teil der Geschichte.
Ein riesiges Bilderbuch, das man aufklappen kann, dient als quasi improvisierte Bühne. Da bauen sich von ganz allein Kulissen, wie das Schloss oder die Wüste auf, die Puppenspielerin zieht an Hebeln und lässt auf diese Weise die Akteure der Geschichte aus dem Buch heraus steigen und lebendig werden. Gleichzeitig ist sie das Bindeglied zwischen der Wirklichkeit und der Phantasie, Mittler für die Kinder auf den Zuschauerbänken. »Mach mal ganz auf«, wird sie aufgefordert, wenn sie, ganz vorsichtig, die Seiten nur einen Spalt weit öffnet, um erstmal vorsichtig hinein zu spähen. »Wollt ihr das sehen?« »Jaaaa!«
Der König läuft durch die Wüste und trifft einen Cowboy, der böse Träume mit dem Lasso einfangen würde, es aber noch nie probiert. Im ewigen Eis meint ein Eskimo, man könne Träume einzufrieren versuchen, wie Fischstäben, aber - »Träume sind doch keine Fischstäbchen« - ausprobiert hat er es auch noch nie. Aber natürlich hat die Geschichte ein Happy End. Denn am Ende der Welt wohnt das Traumfresserchen, das mag die bösen Träume. Wer es einlädt, indem er einen beschwörenden Spruch sagt, der hat nie wieder böse Träume. denn das Traumfresserchen kommt, und frisst sie alle auf.
Eine knappe Stunde lang hat Dagmar Selje so die kleinen und großen Zuschauer am Sonntag Nachmittag in der Aula der Realschule verzaubert. Es handelte sich um eine Veranstaltung des Kulturkreises Schloß Holte-Stukenbrock, der traditionell in der Vorweihnachtszeit ein solches Angebot für Kinder im Programm hat.

Artikel vom 07.12.2004