04.12.2004 Artikelansicht
Ausschnitt Zeitungsausschnitt
Drucken Drucken

 

Hänsel und Gretel knuspern
am leckeren Hexenhäuschen

Gelungene Opernaufführung des Landestheaters Detmold

Von Wilhelm Friedemann
(Text und Foto)
Bad Oeynhausen (WB). »Brüderchen, komm tanz mit mir!« hieß es am vergangenen Donnerstag im Theater im Park. Gerade passend zur Vorweihnachtszeit gastierte das Ensemble des Landestheaters Detmold mit Engelbert Humperdincks »Hänsel und Gretel«, der klassischen Märchenoper, in Bad Oeynhausen.

Versetzen wir uns ins Jahr 1890. Adelheid Wette, die Schwester des Komponisten Engelbert Humperdinck, verfasste das Märchenspiel »Hänsel und Gretel« nach den Gebrüdern Grimm und bat ihren Bruder darum, einige Verse in Musik zu setzen. Der Komponist war von dem Stoff so begeistert, dass er bis zum Jahr 1893 eine durchkomponierte, abendfüllende Oper schrieb, die unter großem Beifall unter der Leitung von Richard Strauss am Weimarer Hoftheater uraufgeführt wurde.
Großen Beifall erntete auch die Aufführung des Landestheaters Detmold. Besonders die naturalistische Inszenierung von Elisabeth Wirtz schien für den folkloristischen Märchenstoff, der musikalisch von Wagnerschen Opern beeinflusst ist, ideal.
Schon im Vorspiel zur Oper zeigte sich das Orchester des Landestheaters unter der Leitung von Eberhard Fritsche in Höchstform. Tempiwechsel gelangen makellos, hervortretende Bläser-Solostimmen vermochten zu überzeugen. Im ersten Bild - das Sujet zeigt Hänsel und Gretel in ihrem bescheidenen Elternhaus - hatten die zwei Sopranistinnen Dorothée Burkert (Hänsel) und Kirsten Höner zu Siederdissen (Gretel) nicht nur einen großen Gesangspart abzuliefern; das gleichzeitig aufwendige szenische Spiel verlangte den beiden einiges ab. Beides gelang ihnen bravourös. Der Auftritt der Eltern Peter (Oliver Weidinger) und Gertrud (Dorothea Geipel) rückte dadurch etwas in den Hintergrund.
Ein bizarres Bühnenbild erwartete das Publikum im zweiten Akt der Oper, in der erstmals seit Webers »Freischütz« der Wald im Mittelpunkt steht. Unheimliche Felsformationen, menschengroße Pilze (»Ein Männlein steht im Walde«) und Fliegenpilze, die an Bäumen wachsen, bestimmten die Szenerie und ließen die beiden Kinder winzig und sehr verloren wirken. Die Kostüme von Sand- und Taumännchen korrespondierten mit der Pilzform. Sehr gelungen war das Nachtfalterballett, das Hänsel und Gretel nach dem gesungenen Abendsegen umgab. Die weiß-kostümierten Detmolder Schlossspatzen symbolisierten die 14 Engel, um die zuvor gesanglich gebeten wurde.
Im dritten Akt passierte Unglaubliches. Der Fels verwandelte sich in einen bonbonfarbenen Wohnwagen - das Hexenhaus. Und nicht etwa ein Mezzo-Sopran singt die Partie der Hexe, sondern der zu einer Persiflage einer solchen kostümierte Buffo-Tenor Michael Klein, der mit seiner schrillen Brille unweigerlich an den australischen Travestiekünstler Dame Edna erinnerte. Humperdinck selbst hatte die Idee zu einer solchen Alternativbesetzung.
Mit viel Applaus bedankte sich das Oeynhausener Publikum des fast voll besetzten Theaters im Park bei allen Beteiligten für eine makellose und gut durchdachte Opernaufführung.

Artikel vom 04.12.2004