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vital &gesundDer Medizin-Ratgeber in der LÜBBECKER KREISZEITUNG

Nur ein Haustierkrebs?
Die älteren Leser können sich sicherlich noch an Prof. Hackethal erinnern. Ein eindrucksvoller Mann, der selbstbewusst und mit lauter Stimme ganz ungewöhnliche Meinungen zu medizinischen Themen vertrat. Für ihn galt nur die eigene Meinung - alle anderen Ärzte waren unfähig, dumm und nicht am Patienten interessiert.
Solch ein Mensch, der sich vehement der üblichen Lehrmeinung widersetzte und medizinische Kapazitäten schonungslos kritisierte, war natürlich ein gefundenes Fressen für die Medien. Er garantierte Einschaltquoten und verhalf der Presse zu fetten Schlagzeilen und steigendem Absatz. So konnte Hackethal seine Meinung über sämtliche Fernsehkanäle, Rundfunksender sowie im Blätterwald verbreiten. Für den Laien, der sich möglicherweise durch den Professorentitel blenden ließ, waren diese Ausführungen eindrucksvoll und überzeugend. Der medizinische Fachmann jedoch war entsetzt zu erleben, welche Dummheiten da verbreitet wurden.
Professor Hackethal prägte den Satz: »Der Prostatakrebs ist ein Haustierkrebs, muss also nicht behandelt werden«. Dieser Ausspruch verbreitete sich rasch durch die ganze Bundesrepublik und hat vielen Männern, die daran glaubten, Unglück gebracht, denn sie gingen nun nicht mehr zur Krebsvorsorge. Waren sie an Prostatakrebs erkrankt, ließen sie keine Behandlung zu. Die Folge davon war, dass sie erst dann zu einem Arzt gingen, wenn die auftretenden Tochtergeschwülste üble Schmerzen bereiteten.
Das, was Professor Hackethal lautstark verkündete, widersprach völlig dem, was ich täglich in meiner Praxis erlebte und erlebe.
Der Prostatakrebs ist sehr unterschiedlich in seiner Bösartigkeit. Natürlich gibt es Patienten, mit Haustierkrebs, aber leider viel mehr mit dem bösartigen Raubtierkrebs. Ein sanfter Prostatakrebs, der lange Zeit ohne große Probleme verläuft, kann innerhalb kürzester Zeit sehr bösartig werden. Die besten Heilungschancen haben die Männer, bei denen durch regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen der bösartige Krebs rechtzeitig entdeckt und behandelt wird.
Professor Hackethal starb übrigens an Prostatakrebs.
Leider startet im Moment wieder eine Kampagne, die Männer verunsichert. Da verschickt ein Dr. Zimmermann, der sich als urologische Kapazität ausgibt, Broschüren an Männer über 50 Jahre. Darin verspricht er Schutz gegen Prostatakrebs und garantiert Potenz bis ins hohe Alter, allerdings nur dann, wenn sie seine »Wunderpillen« kaufen. Diese enthalten u.a. Sägepalmextrakte, eine Substanz, die seit über 20 Jahren von Urologen bei leichten Prostatabeschwerden eingesetzt wird. Also kein Wundermittel, sondern eher ein Ladenhüter.
Lycopen, ein anderes Wunderpräparat seiner Sammlung, wird aus Tomaten gewonnen. Tomaten enthalten nachweislich eine krebshemmende Substanz, die jedoch erstaunlicherweise seine Wirkung verliert, wenn sie aus der Tomate extrahiert und in Tablettenform gepresst wird. Deshalb empfehle ich meinen Patienten: Esst mehr Tomaten und spart das Geld für Lycopen.
Ich habe mich bei der Deutschen Ärztekammer über diesen Dr. Zimmermann erkundigt und die Auskunft bekommen, dass er in Deutschland nicht medizinisch tätig ist. Er fungiert als Aushängeschild einer holländischen Firma, die mit der Angst und Gutgläubigkeit der Männer gute Geschäfte machen will - und macht. Auch wenn wir Menschen uns ein Wundermittel wünschen, das Krankheit, Schmerzen und Leiden beseitigt, seit Jahrhunderten wird danach gesucht, aber bis jetzt hat es noch niemand gefunden.
Krankheiten kann man nicht immer verhindern, dafür sorgen schon unsere Gene bzw. Vererbungen. Aber wir können sehr viel für unsere Gesundheit tun, indem wir uns täglich an der frischen Luft bewegen, richtig atmen, uns gesund ernähren und die regelmäßige Krebsvorsorge nicht vergessen.
Der Fachmann für Gesundheit ist nicht irgendeine obskure Kapazität, sondern sollte ein Arzt Ihres Vertrauens sein.

Artikel vom 04.12.2004