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Adventskonzert mit herbem Charme

NWD: Junger Virtuose Kirill Troussov begeistert mit brillanter Technik


Von Ruth Matthes
Herford (HK). Es war nicht gerade ein vorweihnachtlich besinnliches Programm, mit dem sich die Nordwestdeutsche Philharmonie am Freitagabend für dieses Jahr von ihrem Publikum im Schützenhof verabschiedete. Doch dafür gab es ein spannendes Stück Musik aus der Feder von Prokofjew, gespielt von einem hervorragenden Nachwuchs-Virtuosen, und eine unter dem Dirigat von Toshiyuki Kamioka höchst lebendig gestaltete 2. Sinfonie von Brahms. Beides machte Lust auf mehr im kommenden Jahr.
Dem 22-jährigen Geiger Kirill Troussov kam das 2. Violinkonzert seines Landsmannes Sergej Prokofjew sehr entgegen. Es verlangt nicht unbedingt nach einer tief schürfenden Interpretation, die nur einem reifen Interpreten mit reichlich Lebenserfahrung gelingen kann, sondern bedarf eines temperamentvollen, energiegeladenen Virtuosen, der sich in allen rhythmischen und technischen Raffinessen auskennt. Das heißt jedoch nicht, dass der Petersburger an diesem Abend allein mit seiner Technik überzeugte. Besonders im lyrischeren zweiten Satz zeigte er, dass er seiner Stradivari auch lebendig gestaltete ruhigere Passagen entlocken kann, ganz zu schweigen von feinsten Höhen.
Was das Zusammenspiel mit dem Orchester angeht, so konnte der Solist zu Beginn nicht immer durchdringen. Doch das besserte sich bald, so dass die Zuhörer drei Konzert-Sätze erlebten, die mit ihrer spannenden Polyrhythmik und ihren herben Harmonien einen ganz eigenen Charme versprühten. Das Publikum bedankte sich bei Kirill Troussov mit lang anhaltendem, kräftigem Applaus.
Wenn das Programm auch nicht mit einem festlichen weihnachtlichen Bläserkonzert aufwartete, so kamen die Freunde dieser Musik im zweiten Teil doch durchaus auf ihre Kosten. Brahms' 2. Sinfonie bot vor allem den Hörnern der NWD-Philharmonie reichlich Gelegenheit, ihre sonoren, volltönenden Klänge in den Saal zu schicken.
Chefdirigent Toshiyuki Kamioka hatte mit dem Orchester eine Interpretation der Sinfonie einstudiert, die jede Stimmungsnuance des Werkes auslotete. Die innere Spannung ließ auch in dem mehr als 15 Minuten langen ersten Satz nicht nach. Auf den grüblerischen zweiten Satz folgte ein fröhlich-beschaulicher, folkloristisch geprägter 3. Satz. Geradezu ausgelassen verabschiedeten sich die Musiker von ihrem Publikum: Freudig strebte der Schluss-Satz der Sinfonie vorwärts, feurige Akzente und markante Bläserklänge wechselten mit breit ausgespielten Streicher-Passagen. Einige effektvoll gesetzte Pausen und die geballte Orchester-Kraft sorgten für ein triumphales Finale.
Das Publikum im fast voll besetzten Schützenhof antwortete mit Bravo-Rufen und stürmischem Applaus nicht weniger enthusiastisch.

Artikel vom 06.12.2004